Dienstag, 11. November 2008

Halbzeit...

Ich hätte nicht gedacht, dass es jemals wieder dazu kommen könnte, aber heute war es tatsächlich wieder so weit: Auf der Spielkulturliste (Yahoogroups) schickte Thomas Dlugaiczyk eine Mail mit einigen Fragen, die ihn bewegen. Dazu zitierte er Csikszentmihalyi (ja, ich kann den Namen immer noch auswendig), Christian Roth antwortete mit intrinsischer Motivation, und dann wars um mich geschehen.
Zum ersten Mal seit gefühlten Ewigkeiten (in Wirklichkeit waren es nur wenige Monate) griff ich zur Feder, äh, zur Tastatur, und schrieb wieder. Weil ich Lust dazu hatte - und weil ich es nicht lassen kann, meinen Senf zur Motivation von digitalen Spielen zu geben.
Aber ich bin faul - oder rekonvaleszent genug - um meine Gedanken hier nur kopieren und einzufügen. BTW: sollte es mir zu denken geben, dass die Abonnentenzahl gestiegen ist, seitdem ich aufgehört habe zu posten???? :)


Hallo Liste,
hallo Thomas,
hallo Christian,

wie passend, dass meine Lieblingsdiskussion dann auftaucht, wenn ich
mich mühselig aus meiner kreativen Erstarrung zu lösen versuche. (Juhu,
habe meine Diss zum ersten Mal seit der Abgabe vor 2,5 Monaten wieder
aufgeschlagen :) ).
Ich habe mir auch tagelang darüber den Kopf zerbrochen, was Arbeit von
Spiel unterscheidet - zumal die Grenzen immer stärker
verschwimmen. Oerter (1993) und Huizinga (1939) haben beide festgestellt,
dass das Spiel und der Sport immer stärker institutionalisiert werden
(z.B. in Form von Vereinen, Meisterschaften, Turnieren) und der
Spaßfaktor immer geringer ausfällt, zugunsten des Wettbewerbs.
Gleichzeitig verwandeln sich viele Bereiche des "erwachsenen", "ernsten"
Lebens, produktive Tätigkeiten (z.B. Autofahren) in Spiel.
Die Grenze zwischen Spiel und Nichtspiel verläuft so diffus oder ist an
so vielen Bedingungen geknüpft, dass sie nicht mehr genau definierbar
ist. Etwas, was in einem Moment noch Spiel ist, kann im nächsten Moment
bitterer Ernst sein (z.B. wenn ein Kind sich beim Spielen verletzt) oder
umgekehrt: Arbeit oder eine produktive
Tätigkeit kann plötzlich Spiel sein (z.B. wenn das gemeinsame Abspülen
sich in eine Wasserschlacht verwandelt). Huizinga sprach in diesem
Zusammenhang davon, dass der Gegensatz Spiel-Ernst stets schwebend
bleibt. „Die Minderwertigkeit des Spiels hat ihre Grenze im Mehrwert des
Ernsts. Das Spiel schlägt in Ernst um und der Ernst in Spiel“.
Für meine Arbeit habe ich das Spiel so definiert: „Spiel ist etwas, was
angeboren ist und instinktiv zur Entwicklung bestimmter Fähigkeiten
führt. Es wird freiwillig in Form und Inhalt betrieben, verfolgt keinen
unmittelbaren materiellen Zweck und kreiert einen eigenen, von der
wirklichen Welt abgeschlossenen Raum. Es wird des Spaßes wegen betrieben
und dient der psychischen und physischen Kompetenzgewinnung
(Befriedigung des Kompetenzbedürfnisses und Aneignung von Fähigkeiten
und Fertigkeiten)“.
D.h. ich schließe Arbeit als Spiel aus, solange sie einen materiellen
Zweck verfolgt. Andererseits: wenn das Gehalt egal ist, weil die Arbeit
so toll ist, kann sie durchaus wieder Spiel werden (gerade in der
Forschung erlebt man diese Zustände doch recht häufig).

Konkret zu einigen Deiner Fragen:

> >Wenn sich eine junge Generation zu deutlichen Anteilen stark dem Spiel
> >widmet; Kann es nicht sein, dass deren Anforderungen an die Gestaltung
> >der Lehr- und Arbeitswelten einfach nicht mehr erfüllt werden?
Das kann ich mir sehr gut vorstellen. Bzw.: ich denke, wenn sie/wir lernen, Kompetenz über Spiele zu befriedigen, dann kann es leicht passieren, dass einem andere Dinge kein Spaß mehr machen / der Aufwand sich gegenüber dem Ertrag nicht mehr lohnt. Das wurde auch von vielen meiner Interviewpartner genannt: dass das Glück beim Spielen einfach durch andere Dinge nicht so ohne weiteres getoppt werden kann. Ich kann mir sogar (psychologisch-theoretisch gesprochen) einen Mechanismus vorstellen, durch den dies geschieht.

> >Wenn ich Lebensglück suche: Ist die Spielwelt die bessere Lebenswelt?
> >Ist das Holodeck interessanter als die Realität? Macht es dann Sinn,
> >das Holodeck zu verbieten? Oder müssen wir versuchen, vom Spiel zu lernen?
Auch das eine sehr verzwickte Frage, auf die ich keine Antwort gefunden habe. Bzw. ich habe eine, aber die macht mich irgendwie nicht glücklich. Meine Arbeit handelte ja genau darum: "Warum leben, wenn man stattdessen spielen kann?", und der einzige tatsächliche Grund, den ich finde ist, weil das Leben alles ist, was man hat. Etwas anderes als diesen Moment gibt es nicht. Und wenn ich ihn damit verbringe, eine Mail zu schreiben, dann ist das alles, was ich jetzt habe. Stattdessen könnte ich spielen, oder fernsehen, mich mit meinem Mann unterhalten, meinen Hund streicheln oder jemanden anrufen. Ich tue es nicht, weil ich hier den Eindruck habe, etwas schaffen zu können, was mir eben jetzt - Dank der langen unproduktiven Phase - wichtiger ist.
Ich befürchte, dass Spiel gewissermaßen ein "Kurzschluss" zwischen dem Bedürfnis - Kompetenz - und seiner Befriedigung darstellen kann. Also wenn spielen ursprünglich und evolutionär gesehen dazu da war, damit sich Kinder (und Jungtiere) Fähigkeiten aneignen, bevor sie sie im ernsten Leben einsetzen müssen, und der Spaß, den das Spielen verschaffte, lediglich eine Ermuntertung war, sich weiter Fähigkeiten anzueignen, dann könnte ich mir vorstellen, dass das jetzt korrumpiert ist: das Spiel bringt unmittelbaren Spaß, ist somit Selbstzweck und bringt niemand mehr dazu, sich neue Fähigkeiten anzueignen.
Auf der anderen Seite kann es sein, dass gerade digitale Spiele Menschen auf eine Zukunft vorbereiten, von der niemand weiß, wie sie aussehen wird (was ja auch Sinn und Zweck von Spielen ist!). Sollte diese Zukunft jedoch aus irgendeinem Grund draußen auf dem Feld stattfinden (3. Weltkrieg, Pandemie, atomare Unglücke, Klimawandel und -flucht usw.), dann kann es sein, dass die Zeit besser darin investiert gewesen wäre, zu lernen, wie man Wasser trinkbar macht und essbare Pflanzen erkennt. Aber wir wissen nicht, was die Zukunft bringt, und genau dafür sind Spiele da: damit man flexible Handlungsweisen einübt.

> >Hat Arbeit noch den gleichen Stellenwert in der Gesellschaft wie noch
> >vor 50 Jahren? Ist Spiel eine der Möglichkeiten, in einer Welt mit 20h
> >Wochenarbeitszeit Sinn zu finden?
Das ist mal ein Denkansatz, den ich noch gar nicht hatte, und für den ich Dir sehr dankbar bin. Vielleicht ist es wirklich so, dass wir einen Sinn außerhalb des bereits etablierten Sinns (Arbeiten, Geld verdienen, Haus bauen, Familie gründen) brauchen.

> >Kann Arbeit Spaß machen?
JA!!!!

> >Darf Arbeit spaß machen?
MUSS!

> >Wird der immer größer werdende
> >Anteil an kreativer und schöpferischer Tätigkeit einen
> >Paradigmenwechsel in der Struktur von Arbeit nach sich ziehen?
HOFFENTLICH! :)
Nein, im ernst, ich denke schon, dass sich Arbeit neustrukturieren wird müssen - zumindest in unserer steinreichen Wohlstandsgesellschaft, weil die Übersättigung aller Bedürfnisse so schreiend ist, dass sich sonst niemand mehr zu irgendwas aufraffen kann.

Christian hat noch ein Stichwort aufgeworfen, das ich gerne aufgreifen würde: intrinsische X extrinsische Motivation. In unserer Gesellschaft ist ja alles auf die extrinsische Motivation ausgerichtet, kleine Kinder lernen schon, dass sie eine Belohnung kriegen, wenn sie bestimmte unangenehme Dinge erledigen. Man übt es von klein auf, nur auf externe Reize zu reagieren. Csikszentmihalyi macht ja diesen berühmten Versuch, in dem er Personen bittet, ALLES zu unterdrücken, was sie aus einer inneren Motivation heraus tun (Mikroflowaktivitäten), und dann schaut, was mit ihnen passiert. Es ist recht spannend und zeigt, dass Menschen intrinsische Motivation haben und brauchen. Nicht nur das: sie ist wichtiger als die extrinsische. Das erkennt man daran, wie viele Menschen glücklich werden, indem sie sich bspw. ehrenamtlich engagieren, während andere viel Geld verdienen und trotzdem zugrunde gehen. Csik macht eben auf diese Gefahr aufmerksam: wenn man für etwas, was intrinsisch motiviert ist, extrinsische Belohnungen anbietet, kann die intrinsische Motivation wegfallen.
Csik gibt in seinem Buch
CSIKSZENTMIHALYI, Mihaly: Beyond Boredom and Anxiety.
San Francisco : Jossey-Bass Publishers, 1975
übrigens eine ganze Reihe von Vorschlägen, wie man die Welt neuorganisieren müsste, um seinen Erkenntnissen Rechnung zu tragen. Kluger Kerl! :)
Was lernen wir daraus? Wir haben nur ein Leben und sollten davon keine Sekunde mit Dingen verschwenden, die es nicht wert sind.

Viele Grüße
Monica

Quellen:
CSIKSZENTMIHALYI, Mihaly: Beyond Boredom and Anxiety.
San Francisco : Jossey-Bass Publishers, 1975
HUIZINGA, J: Homo Ludens. Amsterdam : Pantheon Akademischer
Verlagsanstalt, 1939
OERTER, Rolf: Psychologie des Spiels. München : Quintessenz, 1993

Freitag, 3. Oktober 2008

Kurze Aktualisierung

DAS DING ist weg.
Ich habe es vor 2 Wochen (oder sind es schon 3? Zeit hat vollkommen die Bedeutung verloren) abgegeben. Offiziell. Mit allen Dokumenten, die dazu gehören.
Ich hätte es nie gedacht, aber danach war wieder Emotionenkarrussel angesagt. Himmelhochjauchzend, zu Tode betrübt. Ich denke, das bringt die Abgabe so mit sich.
Zwischenzeitlich steht auch das Datum der Disputation: der 29.01.2009, 14h.

Seitdem DAS DING weg ist, habe ich keinen einzigen Gedanken mehr daran verschwendet. Ich weiß nicht, ob ich ES jemals wieder in die Hand nehmen kann. Aber ich werde müssen, wenn die Disputation ansteht. Zum Glück ist bis dahin noch ein bisschen Zeit...

Sonntag, 7. September 2008

Verloren in virtuellen Welten (Teil 1 von 2)

(Weil der Eintrag zu lang wurde, hier die Teile von Thomas Graf, Michael Grunewald, Spielerinterview und Prof. Lukesch. Für Prof. Emrich und Dr. Stefanie Lampen-Imkamp, Klaus Wölfling und die Podiumsdiskussion siehe Teil 2).

Wie neulich berichtet, war ich gestern in Frankfurt a.M., wo in den Räumen des Jugend- und Sozialamts die Tagung "Verloren in virtuellen Welten" stattfand.
Es waren ca. 120 Psychotherapeuten anwesend, die meisten 40+.
Da ich von Nürnberg am frühen morgen los bin, war ich nicht von Anfang an dabei, sondern kam gerade rechtzeitig zur

10.30 Uhr Einführung in das Thema: Begriffsklärung, Abgrenzung und Differenzierung von Computerspiel-, Internet- und Onlinesucht, Verkaufstrends, Wirtschaftsvernetzungen durch Thomas Graf, Medienpädagoge, vom Infocafe Neu-Isenburg.
Ich könnte mir vorstellen, dass der Referent etwas nervös war. Ständig versuchte er, durch kleine Witze, die Stimmung aufzulockern, was m.E. dazu führte, dass das Thema in die Lächerlichkeit gezogen wurde, was dem Publikum nur entgegenkam. Teilweise präsentierte er veraltete oder falsche Informationen (von wegen, dass die Computerspielindustrie mehr umsetzen würde als die Filmindustrie... Wer hat eigentlich dieses Gerücht in die Welt gesetzt? Richtig ist "mehr Umsatz als die Kinokassen", was einen riesigen Unterschied darstellt!). Die Grafiken waren unklar, mit irreführenden Kategorien (z.B. fanden sich bei den Ratsuchenden in den Berlin folgende Kategorien: Betroffene, Angehörige, MMORPGs, Egoshooter...).
Was mir da erstmalig bewusst wurde war die Qualität des Publikums: zustimmende Geräusche auf die Frage, was eigentlich ein Ego-Shooter sei...

Nach der Kaffeepause fand die
11.15 Uhr Live-Demonstration von Computer- und Onlinerollenspielen („World of Warcraft“, „Counterstrike“, „Second Life“) durch Michael Grunewald (ebenfalls Blogger, durch den ich überhaupt auf die Veranstaltung aufmerksam gemacht wurde), vom Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung EKHN, Mainz, statt.
Ich fand die Auswahl von Second Life recht überraschend, da es inzwischen allgemein bekannt ist, dass es sich bei Second Life um einen medial aufgehypten Flop handelt. Allerdings stellte Michael gerade dies heraus: dass es kein Spiel ist, sondern nur eine 3D-Umgebung als Kontaktbörse. Sobald die Themen Kinderpornographie und rechtsfreier Raum auftauchten, versteifte sich die Diskussion auf genau diese Punkte. Klar, in Deutschland gibt es einen ziemlich strengen Jugendschutz, der aber eben nur in Deutschland greift. Sobald die Anbieter im Ausland sind, sind sie kaum noch zu belangen.
Das war der 2. Zeitpunkt, an dem klar wurde, mit welchem Publikum man da zu tun hatte: eins, das besonders dann zufrieden ist, wenn es etwas zu verbieten hat.
Die Präsentation fand ich gelungen, obwohl die eingeplante Zeit dafür viel zu knapp kalkuliert hat. Teilweise führte Michael die Spiele live vor, teilweise zeigte er vorher aufgenommene Ausschnitte. Dabei war klar: er spielt, er weiß, worüber er spricht.

Um 12.15 Uhr (unter dem Titel: "Psychotherapeutische Videokasuistik: Interview mit einem betroffenen Jugendlichen") wurden 2 Interviews mit Spielern vorgeführt. Wieder fiel mir vor allem das Publikum negativ auf: während die Jugendlichen erzählten, welche Möglichkeiten sie im Spiel haben, die ihnen das wirkliche Leben nicht bietet, lachte das Publikum und machte sich über diese Aussagen lustig. Da wurde mir erst richtig klar, mit wem wir es zu tun haben: Psychotherapeuten, die nicht kommen, um sich weiter zu bilden, in einem Bereich, in dem sie sich nicht auskennen, sondern die kommen, um in ihren Sichtweisen bestätigt zu werden. Die sich mit dem Thema nicht auseinander setzen wollen, die keinerlei Offenheit dazu haben, die lediglich ihre Werte und Sichtweisen durchsetzen wollen, ohne sich zu fragen, was die Jugendlichen wirklich suchen und brauchen.
Für mich waren die Interviews mit den Spielern ein Höhepunkt: sie kannten sich wirklich aus und wussten, worüber sie da redeten. Der eine plädierte dafür, Vielspieler von suchtgefährdeten Spielern zu unterscheiden: erst wenn Alternativen angeboten, und nicht angenommen werden, ist Gefahr vorhanden, und nicht, wenn es gar keine Alternativen gibt. Gut erkannt: kein Mensch, der erfolgreich sein Leben lebt, wird sich im Spiel verkriechen. Es geht um Geschwindigkeit und Häufigkeit der Erfolgserlebnisse, das Gefühl, durch eigene Bemühungen weiterzukommen.

Nach dem zum Glück leichten Mittagessen kam dann der erste wirklich große, unverdauliche Brocken:
13.15 Uhr Die unheimlichen Miterzieher. Internet- und Computerspiele und ihre Wirkungen auf Kinder und Jugendliche durch Prof. Dr. Helmut Lukesch von der Universität Regensburg, Lehrstuhl für Psychologie VI (Pädagogische Psychologie und Medienpsychologie).
Er warf viele Zahlen und Grafiken um sich, und übersprang mindestens doppelt so viele Charts, wie die, die er vorzeigte. Er präsentierte belustigt Inhalte aus Ekel- und Pornoseiten, die ich mir freiwillig nicht anschauen würde. Der Tenor seiner Präsentation war: Internet ist schlecht, Computerspiele sind schlecht, wir sollten Kinder und Jugendliche davor bewahren (ganz mit Pfeiffer und Spitzer in einer Linie).
Er vertritt die Meinung, dass die Betroffenen nichts zu sagen haben, und dass Selbsteinschätzung nichts wert ist: nur der wissenschaftler, mit seinen objektiven Instrumenten kann die Wahrheit ermitteln. "Wenn ich "andere Ansätze" [außer Statistik] höre, dann muss ich schon kotzen", so seine wörtliche Aussage.
Weil er nicht Multitasking-fähig ist, traut er auch anderen diese Fähigkeiten nicht zu. Er glaubt nicht, dass aus Mediennutzung irgendwas Gutes entstehen kann. Das ging aus seiner einseitigen Darstellung auch ganz klar hervor: aus der JIM-Studie pickte er sich sorgfältig die Aspekte auf, die seine Meinung besonders gut unterstützten: Medienkontakt (!) der Jugendlichen: durchschnittlich mehr als 400 Minuten am Tag (7,3 Stunden), darin inklusive: Fernsehen und Radio (je ca. 100 Minuten), Internet (ca. 80 Min.), MP3, Bücher, Zeitung, alles inklusive. Er ging aber nicht auf die Unterpunkte ein, sondern präsentierte nur die schockierende Zahl: 7,3 Stunden Medienkonsum täglich. Das hört sich so an, als würden Jugendliche nichts anderes mehr tun. Er ging weder auf die Häufigkeit von nichtmedialen Freizeitbeschäftigungen ein, noch auf die meistgenannten Themeninteressen: Liebe / Freundschaft, Sport, Ausbildung / Beruf und Musik. Schade, dass ich in der aktuellen JIM-Studie nichts über die Beschäftigungsdauer mit den Medien, sondern nur die Prozentzahlen derjenigen, die sich mehrmals pro Woche oder täglich mit den einzelnen Medien beschäftigen, gefunden habe. Die Studie lohnt sich aber sehr, vllt. schreibe ich auch mal dazu etwas.
Schockierend fand ich, dass der andauernde Applaus bewies, dass das Publikum schließlich doch genau das gehört hatte, was es hören wollte.

Verloren in virtuellen Welten (Teil 2 von 2)

(Weil der Eintrag zu lang wurde, hier die Teile von Prof. Emrich und Dr. Stefanie Lampen-Imkamp, Klaus Wölfling und die Podiumsdiskussion. Für Thomas Graf, Michael Grunewald, Spielerinterview und Prof. Lukesch siehe Teil 1)

Nach Lukesch war die Präsentation
14.15 Uhr Phänomenologie, Diagnostik und Therapie der Internet- und Computerspielabhängigkeit von Prof. Dr. Hinderk Emrich und Dr. Stefanie Lampen-Imkamp aus der Abteilung Klinische Psychiatrie und Psychotherapie der Medizinischen Hochschule Hannover (der auch Bert te Wildt angehört) eine wahre Erholung.
Ich habe ja gewisse Differenzen zum Ansatz von Bert te Wildt (Gratulation zur Hochzeit! :) ), aber ich kann dem auch einiges abgewinnen. Die Ergebnisse sind nach wie vor die gleichen, nämlich dass Abhängigkeit von digitalen Spielen nur ein Symptom einer zugrundeliegenden psychischen Störung ist. Es gibt wohl Ansätze, die Abhängigkeit von digitalen Spielen als eigenes Krankheitsbild ins DSM-V oder ICD-11 unterzubringen. Interessanterweise haben Patienten, die gegen das Parkinson-Syndrom mit Dopamin behandelt wurden, oft eine Internetabhängigkeit entwickelt, obwohl sie früher keinerlei Symptomatik in der Richtung hatten (darüber hatte ich schon etwas gelesen, kann leider nicht mehr nachvollziehen, wo das war...).
Erstaunlicherweise wurde der Name "Grüsser-Sinopoli" während dieses Vortrags zum ersten Mal erwähnt, die eigentlich den State of the Art in Deutschland entschieden mitgeprägt hat!
Allemal waren sie sich einig, dass die Abhängigkeit oft für den Patienten bereits die Lösung eines Problems darstellt (weil er mit seiner eigentlichen psychischen Störung nicht umgehen kann, greift er zum Spiel, um damit besser klar zu kommen). Dies wiederum hat zur Folge, dass dem Patienten etwas geboten werden muss, damit er auf seine bereits etablierte Lösung verzichtet. Oder, um mit Prof. Emrich zu sprechen: Wenn man dem Patienten die Krücken wegnimmt, können weitere sekundäre Symptome auftreten, z.B. eine suizidale Krise.
Fr. Dr. Lampen-Imkamp machte sehr deutlich, dass sie dem Patienten niemals etwas verbieten würde, und dass auch das Ziel der Therapie es nicht sei, abstinent zu werden. Vielmehr werden mit dem Patienten Ziele und Zeiträume ausgehandelt, die dann umgesetzt werden (unterstützt durch Coaching).

Nach der Kaffeepause stellte Klaus Wölfling, aus der Ambulanz für Spielsucht der Abteilung für Medizinische Psychologie der Universitätsklinik Mainz das Thema "Ambulante Gruppenpsychotherapie bei Computerspielsucht" vor.
Der Ansatz ist interessant, strebt aber einer vollkommenen Abstinenz an.
Was ich an der Vorgehensweise problematisch finde, ist die Einstufung von medienorientierten Lösungen als "dysfunktional" ein, während z.B. "spazieren gehen" als eine funktionale Lösung gegen negativen Gefühlen verstanden wird. Ist es nicht etwas willkürlich?
Klar, die Probleme lösen sich nicht von allein, während jemand digitale Spiele spielt - aber beim spazieren gehen ja auch nicht. Wenn es nur darum geht, einen klaren Kopf zu bekommen, Stress abzubauen oder die eigene Stimmung positiv zu verändern sind digitale Spiele vielleicht genauso effektiv wie Musik, spazieren oder Sport...?
Für ihn ist klar, dass das Abhängigkeitskriterium der Kontrollverlust ist. Ein Vielspieler ist nicht automatisch süchtig, wenn sich auch in seiner Untersuchung zeigte, dass Abhängige deutlich mehr Zeit spielten.

Schließlich kamen wir zu der großen Podiumsdiskussion. Daran nahmen Teil:

v.l.n.r.: Klaus Wölfling, Prof. Dr. Helmut Lukesch, Moderator Stefan Baier, Thomas Graf, Kirstin Koch (JA Frankfurt/Main), Dr. Stefanie Lampen-Imkamp, Prof. Dr. Hinderk Emrich, Jürgen Hardt.

Die Diskussion ging wahrlich heiß her. Ich will hier nur einige Punkte hervorheben, die vorher noch nicht zur Sprache kamen:
Prof. Emrich betonte die haltgebende Funktion des Internets für einsame Menschen. Das sei vielleicht keine Dauerlösung, aber zwischen nichts zu haben oder nur Beziehungen über das Internet, sei das zweite doch vorzuziehen.
Hr. Hardt machte darauf aufmerksam, dass die Jugendlichen Räume brauchen, die den Erwachsenen verschlossen bleiben, weil sie sie nicht verstehen. Mehr als das: Jugendliche haben ein Recht auf Unverständnis, da das Unverständnis dadurch entsteht, dass etwas Neues gebildet wird, was sinnvoll und notwendig ist.
Prof. Lukesch vertrat erstaunlich offen die Meinung, dass alles, was seinem Geschmack nicht entspricht, auch nicht als Kultur verstanden werden dürfe. Weil er mit der Ästhetik der digitalen Spiele nicht einverstanden sei, sprach er ihnen den Status als Kultur ab.
Hr. Graf wurde nicht müde, darauf hinzuweisen, dass die Jugendlichen dort abgeholt werden müssen, wo sie sind. Es bringt - gerade in der therapeutischen Situation - nichts, wenn die Erwachsenen herablassend Dinge bewerten, die sie nicht kennen und nicht verstehen.
Prof. Emrich bat darum, nicht zu vergessen, dass die generelle Sinnstellung im Leben gefragt ist. Wenn Jugendliche nur eine Welt kennen, in der das Funktionieren alles ist, was zählt, und sie ständig im wirklichen Leben lediglich eine Rolle spielen, macht es für sie keinen Unterschied, ob sie das im Reallife oder im Spiel tun. Die Ästhetik im Internet sei nur ein Spiegel der Ästhetik im wirklichen Leben. Das Internet sei nur eine Kristallisation eines abstrakten, entseelten Lebens, in dem der 3. Weltkrieg ständig grassiert, in der Form, dass jeder jeden und alles bekriegt.
Hr. Wölfling bemühte die Kommunikation als wichtigstes präventives Instrument und plädierte für Verständnis für die Situation der Jugendlichen.
Hr. Hardt machte auf eindrucksvolle auf die Werte aufmerksam, die im Internet auch vertreten werden. Das machbare muss gegen das ethisch vertretbare abgewogen werden. Die heutige Jugend hat auch Werte, man muss nur hinsehen.
Für mich ist klar, dass es unmöglich und unnötig ist, zu versuchen, Werte von früher den heutigen Jugendlichen überzustülpen.
Ich mag mich sehr täuschen, aber die Leistungsanforderungen, die weltweite Mobilität, die Unsicherheit (befristete Verträge, Arbeitslosigkeit) denen Jugendliche ausgesetzt sind, kennen ältere Erwachsene einfach nicht. Auch sie wären einer solchen Situation nicht ohne Hilfsmittel gewachsen.

Es war eine sehr gute Diskussion, und eine sehr gute Veranstaltung. Ich habe zahlreiche Kontakte geknüpft, die sicherlich noch Dinge nach sich ziehen werden. Welche, bleibt abzuwarten.
Ich fand es sehr, sehr schade, dass das Publikum scheinbar für diese Art von Veranstaltung einfach noch nicht bereit ist. Sie wollen sich mit diesen Themen nicht wirklich auseinander setzen, sondern nur darin bestärkt werden, dass dies alles zu verteufeln sei. Ich bin keine Prophetin, aber ich wage eine Vorhersage: es wird nicht funktionieren. Die Welt verändert sich, und wer mit Menschen arbeitet, der wird sich anpassen müssen. Wer Kinder hat, wird sich anpassen müssen. Ich halte es für unmöglich, dass man in seinen Ansichten steif bleibt und trotzdem überlebt. Die Welt verlangt nach Flexibilität. Wir können gerne hinterfragen, ob wir eine solche Welt wollen, und versuchen, sie zu ändern. Aber ich denke nicht, dass das so funktioniert, dass man bewährte Lösungsmethoden einfach nicht berücksichtigt...
Diese Diskussion ist noch lange nicht zu Ende und ich freue mich, dass sie stattfindet. Ich freue mich aufrichtig darüber, gestern einige wenige Menschen kennengelernt zu haben, die offen für das Thema sind und sich ernsthaft damit beschäftigen. Es gibt schließlich auch bei (einigen) Psychotherapeuten noch Grund zur Hoffnung...

Dienstag, 2. September 2008

Sendung auf WWWW

Wer lieber liest als hört kann auf http://wissenschaft.wanhoff.de/ übrigens das transkribierte Interview über Abhängigkeit auch lesen. Ich möchte jedoch darauf hinweisen, dass das, was gesprochen richtig Sinn macht, im geschriebenen Text einfach furchtbar aussieht! :)

Sonntag, 31. August 2008

Abhängigkeit auf WWWW

Vor lauter Nähen hätte ich es beinah vergessen: heute läuft auf Wanhoffs Wunderbarer Welt der Wissenschaft das Interview, dass wir vor einigen Tagen aufnahmen, zum Thema Abhängigkeit von digitalen Spielen.
Zum gleichen Thema habe ich diese Woche jemanden beraten, der seine Diplomarbeit im Fach Dipl.-Pädagogik darüber schreiben möchte. Er hat auch einige interessante Ideen zur Umsetzung eines Konzepts, das auch Sport einbezieht. Ich hoffe, schon bald mehr darüber berichten zu können!
Auch noch zum gleichen Thema: am nächsten Samstag bin ich in Frankfurt a.M. zu einer Tagung der Psychotherapeutenkammer Hessens, genannt "Verloren in virtuellen Welten". Ich bin schon sehr gespannt und freue mich auf rege Diskussionen zu diesem Thema. Werde ebenfalls darüber in Kürze berichten.

Dienstag, 26. August 2008

Kindheit und Verstädterung

In meiner Diss ist der "Abschluss" des Kapitels "Geschichte des Spiels" der, dass digitale Spiele notwendigerweise entstehen mussten, es ging gar nicht anders. Auf die genaue Argumentation möchte ich hier nicht eingehen (weil zu lang!), aber es hängt damit zusammen, dass Sport zunehmend institutionalisiert wurde, und der freie Platz immer weiter abgenommen hat. Ein weiteres Argument ist das der Verstädterung:
(abgewandeltes Zitat aus der Diss, Einführung von Kapt. 4: "Digitale Spiele"):
In städtischen Räumen können Kinder sich nicht so frei bewegen wie auf dem Land. Sie sind ständiger Aufsicht unterstellt und haben nicht die Möglichkeit, allein unter ihresgleichen bestimmte Themen abzuarbeiten. Sie können nicht einfach eigenständig durch die Gegend ziehen, Dinge entdecken, Abenteuer erleben, Macht- und Hierarchiekämpfe austragen, sich prügeln, rennen, klettern, (hin-)fallen, wieder aufstehen. Kinder müssen sich gerade in Städten meist auf engem Raum aufhalten, dürfen — wenn überhaupt — draußen nur auf Bürgersteigen oder in extra dafür eingerichteten Spielplätzen spielen. Freie Plätze gibt es nicht — dafür ist der Baugrund zu teuer.
Fangen, Verstecken, Rad fahren sind gerade für Kinder schlicht unmöglich.
Deswegen mussten neue Bereiche erschlossen werden, die dieser Institutionalisierung und Betreuung nicht unterstanden. So, könnte man in aller Kürze sagen, entstanden
die digitalen Spiele.

Zum Thema Verstädterung empfehle ich den Podcast, der mir die Idee zu dieser Überlegung lieferte:
SWR2 Wissen
Adieu, wilder Lausebengel! Stadt - und Landkindheit im 21. Jahrhundert


Heute hörte ich eine andere Sendung, die sehr eng damit zusammenhängt:
SWR2 Leben
Vom Schwinden der Erfahrungen und der Überfahrungen

Darin geht es um die Rolle von Autos und Kindern in der Gesellschaft.
Der Autor erzählt, wie er als 7-jähriger einen schweren Verkehrsunfall baute, und stellt fest, dass sein Kind "freilich aus einem ganz anderen Holz geschnitzt [ist]. Es sitzt am liebsten zuhause vor dem Computer oder guckt Filme an. Damit steht es nicht allein. Die Forscher nennen diesen Trend "Verhäuslichung"".
Er interviewt Prof. Dr. Baldo Blinkert, Soziologe an der Uni Freiburg. Dieser stellt fest, dass diese Verhäuslichung nur dann zutrifft, wenn der Aktionsraum schlecht, gefährlich oder langweilig ist, wenn keine Gesellschaft von anderen Kindern da ist.
Wenn der Aktionsraum dagegen erfreulich ist, dann stimmen diese Trends nicht, dann sind Kinder sehr viel draußen, was er als positiv wertet, da der Aktionsraum beeinflussbar ist - man muss es nur wollen und die entsprechende Stadtentwicklungspolitik betreiben.
Durch das Auto machen Kinder nämlich eine bestimmte Art von Erfahrung, andere dagegen nicht: sie lernen die Wichtigkeit der Zeit (alles muss immer schnell gehen, man hat keine Zeit zu verlieren), und die Unwichtigkeit des Raums (der muss einfach nur überbrückt werden!). Was das für Auswirkungen auf die kindliche Entwicklung hat, macht Dr. Hüttenmoser, Leiter der Forschungs- und Dokumentationsstelle "Kind und Umwelt", z.B. an den Zeichnungen des Schulwegs von Kindern fest, die mit dem Auto zur Schule gefahren werden: sie sind sehr detailarm. Die Kinder erleben die Wege nicht, sie "springen" von einer "Insel" zur nächsten.
Dr. Hüttenmoser macht auch noch auf die Missverständlichkeit von Verkehrsstatistiken aufmerksam: Die verkündet seit dreißig Jahren einen kontinuierlichen Rückgang der kindlichen Unfallopfer um etwa die Hälfte. Dies quittiert er lapidar mit: "Die Erkenntnis ist eigentlich völlig banal. Sie lautet nämlich ganz einfach: was sich nicht auf der Straße bewegt, kann nicht überfahren werden", und wie Autos Kinder und ältere Menschen von der Straße verdrängt sei nie gemessen worden... Darüber hinaus seien die Hälfte der Verkehrsunfälle mit Kindern solche, wo Kinder als Beifahrer betroffen sind.

Ich finde diese Überlegungen deshalb so hoch relevant, weil sie eine Kausalitätsumkehrung darstellen. Häufig werden digitale Spiele und Medien generell für die Verhäuslichung verantwortlich gemacht. Diese Überlegung zeigt, dass es sich auch genau andersherum verhalten kann: Spiele sind natürliche Konsequenzen einer gesellschaftlichen Entwicklung, die WIR geschaffen haben...

Samstag, 23. August 2008

GC ist...

Am Donnerstag eröffnete die Games Convention zum 7. und voraussichtlich letzten Mal in den Hallen der Leipziger Messe die Tore für die Öffentlichkeit. Das Thema Computerspiele bevölkert allein schon deshalb alle Medien - und nur nicht mehr, weil momentan Olympische Spiele sind.
Einige Dinge möchte ich Euch nicht vorenthalten:
1. Reportage mit den Profs. Winfried Kaminski und Maic Masuch:
zum Hören oder
zum Lesen.

Maic Masuch war bis vor kurzem noch Professor am Institut für Simulation und Graphik der Universität Magdeburg, aber so wie es scheint, ist er jetzt Professor an der FH-Trier, wo er unter anderem an einem Studiengang "Digitale Medien und Spiele - Bachelor of Science" beteiligt ist.
Er unterrichtet im Sommersemester 08 Dinge wie "Echtzeittechniken für Computerspiele", "Game Design" und "Virtuelle Welten". Finde ich cool, wollte ich nur mal gesagt haben!

2. Ein anderer cooler Professor (siehe Kommentar von LALA) ist Prof. Dörner (nein, ich schleime nicht, habe ich hoffentlich auch gar nicht nötig):
Er gabe Thomas Lindemann von der Welt ein Interview, genannt "Videospiele machen schlau - und fett".
Wir sehen ja - wie könnte es anders sein - die meisten Themen sehr ähnlich. Einen Aspekt möchte ich aber doch hier gezielt nennen: die Gewaltfrage.
"WELT ONLINE: Es gibt extreme Spielegegener, die in den Medien sehr präsent sind, etwa den Ex-Politiker und Jura-Professor Christian Pfeiffer aus Hannover. Wie beurteilen sie das wissenschaftlich?
Dörner: Das ist nicht der Wissenschaft, sondern dem politischen Bereich zuzurechnen. Pfeiffer verwechselt Korrelation mit Kausalursache und Symptom mit Ursache. Leute, die im wirklichen Leben eher zu Gewalt neigen, spielen auch Gewaltspiele, sagt er. Aber er vergisst die Frage, was ist Ursache und was Wirkung. Womöglich reagieren sich auch Leute im Spiel ab, die sonst gewalttätige Neigungen haben. Der eigentliche Hintergrund der Gewalt ist ein ganz anderer, meist familiär. Diese Leute neigen dazu, ihr geringes Selbstwertgefühl in solchen Machtspielen mal auszuleben. Man könnte auch sagen, es ist ja geradezu heilsam, dass sie das im Spiel tun und nicht in der U-Bahn".
Das ist die Frage, wie Computerspiele und Gewalt sich aufeinander auswirken. Dörner geht von der Katharsistheorie aus, was übrigens auch mit den Erkenntnissen meiner Arbeit übereinstimmt. Pfeiffer geht dagegen von der Stimulations- und Habitualisierungstheorie aus.
Ich glaube inzwischen daran, dass Spiele - insbesondere aufregende, spannende Spiele oder solche, in denen man oft verliert oder stirbt - eine Erhöhung des Arousals verursachen können. Dies bewirkt, dass der Körper sich auf Flucht oder Kampf einstellt, weil er nicht zwischen Virtualität und Realität unterscheiden kann (klar, dafür ist er nicht ausgelegt). In diesem Zustand ist die Denk- und Planungstiefe heruntergesetzt, und der Mensch denkt und handelt eher in Extremen. Diesen Zustand kennt man auch, wenn man Fußballspiele schaut: man regt sich auf, als ob es mit einem direkt zusammenhinge (was es aber nicht tut!).
Das ist der Grund, warum Spieler oft während des Spiels aggressiv wirken (wie ich, heute morgen, als ich bei Zelda - ein Abenteuerspiel, mit einer total pixeligen Graphik - auf dem DS total aggro wurde, weil mich so eine blöde Piratin gefühlte 12x gekillt hat, ohne dass ich nennenswert etwas dagegen tun könnte. Dieses Gefühl war sehr real, ich war echt sauer). Ich denke aber eher, dass diese Erhöhung der Aktiviertheit nicht lange anhält, und die Persönlichkeit eher nicht verändert.
Gefährlich ist es nur, wenn man vor lauter spielen keine Gelegenheit mehr hat, sich mit dem wirklichen Leben auseinander zu setzen, und verlernt, mit der wirklichen Welt zurecht zu kommen...

Mittwoch, 20. August 2008

Auf den Tag genau...

Vor einem halben Jahr, auf den Tag genau, habe ich die Erstversion meiner Diss abgegeben. War ich damals noch total happy und freudig erregt, war heute, bei meiner "Zweitabgabe" nichts davon zu spüren. Es könnte damit zusammen hängen, dass ich letzte Nacht noch bis sehr spät an DEM DING saß. Ich hatte mir vorgenommen, dass ich DAS DING heute zum Drucken gebe - egal wie spät es letzte Nacht werden sollte. Naja, für meine Verhältnisse wurde es sehr spät! ;)
Aber um 1h30 hatte ich den "Endzustand" erreicht: alle Kapitel korrigiert, Tabellen und Bilder überarbeitet, fehlerfreie Kompilierung.

Heute morgen war ich noch bei meinem LateX-Guru, wir haben einige Kleinigkeiten noch überarbeitet. Bis wir soweit waren, hatten wir viel Zeit gebraucht, um alle Packages bei ihm so zu laden, dass DAS DING überhaupt kompilierbar war. Naja, irgendwann war es fertig kompiliert, gedruckt und gebunden. Doch statt unglaublicher Freude und stolzgeschwollener Brust... War nur ein Gefühl von Verlorenheit und Leere da. Klar, letzte Nacht, als ich an DEM DING saß, gingen mir alle Gedanken durch den Kopf, die ein Mensch in dem Zustand haben kann: es stehen nur Selbstverständlichkeiten drinnen, ich erzähle nichts Neues, es ist schlecht geschrieben... Nein, es stimmt natürlich nicht. Die Arbeit ist super, innovativ, toll, meine Interviewpartner geben einen tollen Einblick, und das ganze fügt sich zu einem Ganzen zusammen. Mein Doktorvater warnte mich: es dauert ca. 5 Jahre, bis man das, was man geschrieben hat, gut finden kann. Vermutlich hat er recht.

Die letzten Wochen waren unerwartet hart. Die Zerrissenheit zwischen abgeben oder behalten und verbessern, das Gefühl, wohlgemeinte Korrekturvorschläge sind persönliche Kritik. Gleichzeitig denkt man, das Ende ist schon absehbar, und wenn man doch nur noch ein bisschen länger durchhalten könnte, dann wäre man auch fertig. Stattdessen zieht es sich unglaublich in die Länge. Man befindet sich in einem Ausnahmezustand, der einem oft gar nicht klar ist.

Und dann... Wenn alles getan ist, was man tun konnte... Wenn alles korrigiert und kompiliert ist... Tut es einem richtig Leid. Klar, ich wollte DAS DING abgeben. Ich will wieder Freizeit haben (das ist das Problem, wenn man nebenberuflich promoviert: es geht jeder freie Abend und jedes Wochenende für DAS DING drauf!). Ich will endlich die Sachen alle fertig nähen, die halb zusammengefügt im Schrank liegen. Ich will mich um meinen Garten kümmern. Will die Wohnung wieder in Schuss bringen. Will den Schrank ausmisten. Will wieder meine Freunde treffen. Bücher lesen! Einfach so, ohne Stift in der Hand, um wichtige Stellen zu markieren. Lesen, weil lesen total Spaß macht. Habe mit Steffen tausend Sachen vor. Will wieder bloggen. Leute besuchen. Filme gucken, ins Kino gehen. Meine 12.000 Bilder taggen. Oder einfach mal nichts tun: mich hinsetzen und die Gedanken schweifen lassen. Ohne das Gefühl zu haben, ich müsste unbedingt etwas anderes machen.

Und doch muss genau das wieder gelernt werden. Man gewöhnt sich so sehr daran, jede freie Minute immer nur in die Diss zu investieren, dass man danach wieder aktiv schauen muss, was man mit seiner freien Zeit macht.


Doch was wäre eine Diss wert, wenn ich durch sie nicht auch für mein Leben relevante Dinge gelernt hätte?

Aus dem Kapitel Langeweile:
"Für Feibel (2004) ist auffällig, dass Kinder und Jugendliche heute kaum noch in der Lage sind, Langeweile zu ertragen. „Für Langeweile gibt es absolut keine Toleranz. Sie mag zwar schon früher schwer gefallen sein, aber heute können Kinder in ihrer Kinderzimmer-Medienanstalt viel schneller einen Knopf drücken, um sie wie eine lästige Fliege zu verscheuchen. Wem langweilig ist, der macht eben einfach den Fernseher an, schaltet den Computer ein oder beides. Im Fernsehen läuft immer etwas. Im Computerspiel ist immer etwas los (und im Internet genauso). Die heutige Jugend kann Langeweile schwerer ertragen, weil sie sich viel leichter, schneller und unkomplizierter unterbinden lässt“ (Feibel, 2004, S. 121).
Diese Verhaltensform beschränkt sich nicht nur auf Kinder und Jugendliche. Auch Erwachsene haben die Toleranz zur Langeweile verloren. Die einzige noch zugestandene Form der Langeweile ist, „wenn sie sich mit den Medien langweilen“ (Feibel, 2004, S. 121). Er beklagt diese Folge einer Konsumgesellschaft, weil gerade in Momenten der Langeweile den Menschen bewusst werden könnte, wie ihr Leben tatsächlich aussieht. Für ihn ist die Anerkennung und Überwindung des Gefühls der Leere, das die meisten erschreckt, eine der schwierigsten Übungen des Lebens (Feibel, 2004, S. 121 f.). Im Gegensatz dazu versuchen Menschen, Langeweile blitzartig zu beseitigen, kaum dass sie am Horizont auftaucht. Sie sehen Langeweile als ihren natürlichen Feind und verfügen über eine große Anzahl technischer Möglichkeiten, sie in die Flucht zu achlagen. Er mahnt, dass Langeweile „ein ganz wunderbarer Ruhemoment zwischen zwei Schritten [sein könnte]. Wen das nicht schreckt, der nimmt sich seine Zeit und lässt aus Langweile Muße entstehen, die wiederum einen höchst kreativen Prozess in Gang setzen kann. Die besten Ideen entstehen aus Langeweile. Kinder und Jugendliche schauen sich bei uns genau ab, wie wir mit ihr umgehen. Wer aber seinen Kindern beibringt, Langeweile ohne technische und sonstige Hilfsmittel zu ertragen, ihnen zeigt, wie man auch mal bequem herumgammeln kann, bringt ihnen nicht nur bei, wie sie sich bewusst mit Konsum auseinander setzen, sondern betreibt aktive Suchtprävention“ (Feibel, 2004, S. 122)".


Was er da beschreibt, ist aus PSI-theoretischer Sicht hochinteressant. Langeweile ist nämlich ein Zustand niedriger Kompetenz, in dem auch keine Kompetenz getankt werden kann, weil die Umgebung schon zu bekannt ist (also keine Unbestimmtheit mehr bietet). Langeweile aushalten heißt nun, dass man das Bewusstsein der eigenen geringen Kompetenz zulässt, ohne etwas zu unternehmen, um sie zu steigern. Wenn ich weiß, dass ich Langeweile unbeschadet überstehen kann, erhöht sich mein Selbstvertrauen, also ich tanke Kompetenz dadurch, dass ich weiß, ich gehe nicht unter, wenn ich keine habe. In diesem Moment wäre die Langeweile per Definition keine mehr, weil der Zustand niedriger Kompetenz nicht mehr gegeben ist, sie hätte sich in Muße verwandelt.

Mittwoch, 13. August 2008

Spielen, spielen, spielen...

Eigentlich wollte ich erst wieder posten, um zu sagen, dass ich die Diss abgegeben habe. Aber es gibt Dinge, die kann ich nicht einfach so an mir vorbei ziehen lassen. Deswegen hier noch ein Beitrag zum Thema Abhängigkeit, das Kapitel, das ich momentan fertig korriegiere.

Ursprung war die gestrige Sendung auf ARD: "Spielen, spielen, spielen ... wenn der Computer süchtig macht", die ich leider nicht sehen konnte. Sie entfachte eine Diskussion auf der Spielkultur-Liste, an der ich mich beteiligen musste (Antwort auf den Beitrag von Tobias Kopka):

"Ich habe die Sendung gestern abend nicht sehen können, überarbeite aber gerade das letzte Kapitel meiner Diss (Thema: "Warum leben, wenn man stattdessen spielen kann", über die Motivation für digitale Spiele), eben das über die Abhängigkeit von digitalen Spielen.

Ich denke, eine Vielspielerphase kann sich am Ende der Pubertät deshalb ergeben, weil eine große Diskrepanz besteht zwischen den (körperlichen) Fähigkeiten der Jugendlichen und ihre Möglichkeiten in der Gesellschaft, diese auszuleben. Vor wenigen Jahrhunderten waren 16-Jährige schon Erwachsene, die einen wichtigen Beitrag für das Überleben leisteten. 14-Jährige haben geheiratet und Kinder bekommen - heutzutage ist das eine Katastrophe. Heutzutage werden Jungendliche in dieser Lebensphase noch halb als Kinder behandelt. Ihnen wird nichts zugetraut, sie dürfen nichts. Das schafft eine große Unzufriedenheit, vermute ich, die mit digitalen Spielen überbrückt werden kann. Dort sind alle Möglichkeiten offen. Wenn sie 18 sind, Auto fahren dürfen, durch die Volljährigkeit unabhängiger von den Eltern werden, gibt sich das wieder.
Aber eben nicht bei allen.
Bei den älteren, die daueron sind, gibt es vermutlich viele Erklärungen. Es reicht, dass jemand nur 5 min früher als man selber schon on kommt und 5 min später geht, um das Gefühl zu erwecken, er sei ständig da. Es gibt also ein subjektives Empfinden, was nicht unbedingt mit der Wirklichkeit zusammenhängt.
Ich denke aber schon, dass es auch Menschen gibt, die tatsächlich fast pausenlos online sind. Einige davon werden arbeitslos sein (man darf nicht vergessen, dass Arbeitslose im Spiel einfach Dinge erreichen und Leistung bringen können, was sie ja in ihrem normalen Leben kaum können - oder wenn doch, hat es für die große Mehrheit keine Sichtbarkeit. Als Beispiel: ein Arbeitsloser engagiert sich ehrenamtlich in seinem lokalen Tierheim. Du oder ich würden das nie mitkriegen. Wenn er aber pausenlos im Spiel on ist und da etwas erreicht, dann sehen wir das).
Ich befürchte, es kann relativ leicht passieren, dass gerade solche Menschen, die mit unserer Gesellschaftsform nicht gut zurechtkommen - weil sie die Leistungen, die gerade aktuell sind (z.B. intellektuelle oder kreative Leistungen), nicht so gut erbringen können, bspw. - eine andere Form suchen. Manche werden Punks, z.B. Andere spielen professionell Fußball. Andere engagieren sich ehrenamtlich. Andere werden Gildenleiter. (Ja, ich sehe zwischen dem ehrenamtlichen Engagement und dem Vielspielen große Ähnlichkeiten der Form oder der Motivation - wenn auch nicht der Ergebnisse!)
Der Mensch hat Bedürfnisse. Und wenn er diese in seinem normalen Leben nicht befriedigen kann, wird er sich etwas suchen, womit er's eben kann.

"Abhängigkeit" bedeutet ja erstmal nur, dass man von etwas abhängig ist. Ich bin z.B. vom Zug abhängig, um zur Arbeit zu kommen, weil ich kein Auto habe. Ich bin abhängig von einem Regenschirm, wenn es regnet, um nicht nass zu werden. Ich bin abhängig von Klamotten, um mich vor der Kälte zu schützen. Eine Abhängigkeit kann somit als eine etablierte Lösung für ein Problem gesehen werden. Wenn ich Erfolge brauche, spiele ich eben. Oder wenn ich Freunde brauche, die ich im wirklichen Leben, aus welchen Gründen auch immer, nicht habe, logge ich mich ein.
Wenn ich anfinge, einen Regenschirm zu tragen, obwohl es nicht regnete, würden mich die Leute wohl für verrückt erklären. Aber Klamotten trägt man auch dann, wenn es nicht kalt ist - weil es sich gesellschaftlich so etabliert hat. Es ist also immer auch eine Frage des gesellschaftlichen Blicks auf etwas. Fast jeder erwachsene Mensch ist von seiner Arbeit abhängig, um sich zu ernähren und eine Wohnung leisten zu können. Dies wird aber gesellschaftlich gefördert, und stellt kein krankhaftes Verhalten dar. Die Gesellschaft sagt also irgendwo auch, was sie als krankhaft ansieht und was nicht.
Diese "etablierten Lösungen" sollten eigentlich immer nur ein Mittel zum Zweck darstellen. Wenn das Mittel zum Eigenzweck wird (wenn ich also anfinge, den ganzen Tag im Zug zu sitzen, ohne irgendwohin fahren zu wollen), kann es problematisch werden. Sozusagen, wenn die ursprüngliche Funktion unwichtig ist, und die Handlung um ihrer selbst Willen weitergeführt wird (die Korrumpierung von ursprünglich sinnvollen Verhaltensweisen).

Die Fragen, die mich durch meine Untersuchung leiteten, und die auch hinter der Abhängigkeit stehen, sind m.E.: "Was gibt das Spiel einem, was das wirkliche Leben einem nicht gibt? Welches Bedürfnis kann ich beim Spiel besser / leichter / effektiver befriedigen als im wirklichen Leben? Welche Bedürfnisse kann ich in meinem wirklichen Leben überhaupt nicht mehr befriedigen?"
(Antworten folgen hoffentlich in Kürze, wenn ich DAS DING durch habe! ;) ).

Herzliche Grüße
Monica"

Das ist nur noch ein weiterer Gedanke zum Thema Abhängigkeit. Ich weiß, es ist die verkehrte Zeit zum Nachdenken (ich schreibe jetzt nichts mehr um, ich gebe einfach nur ab!!!), aber mir kam die Tage noch ein Gedanke, den ich weiterentwickeln möchte: dass der Mensch genauso süchtig wird nach digitalen Spielen, wie er nicht aufhören kann, zu essen. Mehr dazu bei Gelegenheit!

Sonntag, 20. Juli 2008

Konsolennacht in der Treppenhaus-Lounge

In den letzten Wochen habe ich mich systematisch überarbeitet. Niemand, der mich kennt, wird ernsthaft darüber überrascht sein. Nur, dass es in den letzten Wochen vielleicht sogar für mich etwas viel war! :)
Ich habe jetzt eine neue Korrektorin für meine Diss, und bin schon sehr gespannt, wie wir miteinander auskommen werden. Alles deutet darauf hin, dass wir uns gut verstehen, und auf das gleiche hinarbeiten (Anm. v. 23.07: heute habe ich ihre Mail bekommen, dass der erste Teil schon fertig ist!!).
Nachdem ich also heute (am 20.07.08) für eine knappe Woche nach Berlin fahre, um an der ICP 2008 teilzunehmen, habe ich den gestrigen Tag eher entspannt gemacht.
Mein kleiner Bruder kam mich besuchen, und gemeinsam gingen wir abends in die Treppenhaus-Lounge (von der ich schon das eine oder andere Mal berichtet habe). Das besondere am gestrigen Abend: die Konsolennacht.
In der Lounge waren 4 Fernseher aufgestellt, davon einer ein riesiger Flachbildschirm. Dazu 1 Gamecube, 1 PSII (inkl. Eye Toy der letzten Generation), 2 SNES und ein Paar Gameboys der ersten Generation (Wahnsinn, waren diese Bildschirme schlecht!!!). Dutzende Spiele, darunter so bekannte wie Street Fighter, Tetris und Mario Kart und einige, die ich zumindest nicht kannte: Mario Fußball, Donkey Kong Trommeln und die Eye Toy Spiele.

Bis 20h war alles ganz furchtbar entspannt. Danach fingen die Turniere an: Mario Kart, Street Fighter und Mario Fußball. Während mein Bruder entsetzt feststellte, dass er in dieser Gruppe zu der älteren Generation gehörte (und einige der Teilnehmer noch nicht geboren waren, als wir diese Spiele schon spielten!) zeigten diese Jungspunde auch, was sie drauf haben. Obwohl sie diese älteren Spiele noch nie gespielt hatten, bewiesen sie eine Fingerfertigkeit und Reaktionsschnelligkeit, die uns – wörtlich – alt aussehen ließ. So verlor mein kleiner Bruder schon in der 2. Runde eines Spiels, dass er früher schon „bis zum Vergasen“ spielte, und in dem zumindest ich ihn für unschlagbar hielt.

Jugendliche haben wirklich keinerlei Hemmnisse. Sie stürzen sich rein – und sie kommen damit durch. Es gehört einfach von Anfang an zu ihnen. Den Altersdurchschnitt schätze ich übrigens auf so 16-17 Jahre...
Ein wirklich bemerkenswertes Ereignis des Abends war die musikalische Begleitung. Mario und Luigi, an der Bratsche und an der Posaune, spielten Klas-si-ker der Videospielmusik. Die Begleitmusik von Tetris musste mehrfach wiederholt werden – sie war einfach zu cool umgesetzt. Eine Kostprobe gibt es hier, ganz unten.

Man (der man selber ja Tetris gespielt hat, bis man mit geschlossenen Augen Teilchen fallen sah und davon träumte!) konnte nicht umhin, mitzusingen. Auch die verschiedenen Level von Mario waren sehr gut. Man fühlte sich regelrecht in die einzelnen Level zurückversetzt.
Das wirklich überraschende war für mich diese Stimmung dort. Vollkommen entspannt. Wobei, nicht wirklich überraschend, weil man es ja von LAN-Partys kennt. Ich glaube deshalb überraschend, weil man irgendwann ungewollt anfängt, der ganzen Propaganda zu glauben. Ich meine, zu meiner Zeit war Street Fighter ja mit das „gewalttätigste“, was man so konsumieren konnte. Und heute? Es ist absolut lachhaft. Kein Mensch könnte im Ernst darin eine Gefahr sehen.
Während der Turniere bildeten sich Fraktionen, die die eine oder andere Seite anfeuerte. Gewinner wurden herausgefordert, man wechselte sich an der Konsole ab. Es war SO GUT!
Als dann zum Schluss dieses „Donkey Kong Trommeln“ (kA wie es wirklich heißt) gespielt wurde (dazu werden „echte“ Trommeln an den Game Cube angeschlossen, und auf dem Bildschirm wird angegeben, ob die rechte, die linke, beide Trommeln gleichzeitig angeschlagen oder geklatscht werden soll), saßen 20 Leute vor diesem Bildschirm und klatschten unterstützend an den richtigen Stellen. Was gar nicht so einfach ist! :) Teilweise wurden regelrechte Kunststücke auf diesen Trommeln vollführt, neidlos saßen andere daneben, und freuten sich an der Kunstfertigkeit der anderen. Als „Luigi“ das schwierigste Stück praktisch fehlerfrei absolvierte, kam die Bude vor Applaus fast runter!
In diesem Moment, inmitten all dieser jungen Menschen wurde mir klar, dass ich einen Blick in die Zukunft werfe. Menschen vereinsamen nicht, weil sie spielen, es sei denn, sie vereinsamten bereits vorher. Und Konsolen werden weiterhin eine Rolle spielen. Und sei es als Ersatz für „blinde Kuh“, „Verstecken“, „Fangen“ und was wir sonst noch alles spielten.
Es stimmte mich optimistisch, dass uns wahrscheinlich eine wesentlich bessere Zukunft erwartet, als die, mit der wir gewohnt sind zu rechnen.
Weitere Bilder gibt es hier und hier.
Nächstes Jahr wird es Neuausgabe geben, da werden wir sicher wieder dabei sein! :)

Montag, 14. Juli 2008

Immer nur die anderen...

Manchmal ist es ein wünschenswerter Zustand, dass es (wenn "es" = schlecht) nur die anderen trifft. Hält sich aber oft nicht so lange, wie eigentlich notwendig wäre.
So erwischte mich die "ich kann nicht mehr, es wird nie fertig" und die "das ganze DING ist Schrott!!!" spät, aber doch noch rechtzeitig.
Tatsächlich hadere ich in den letzten Tagen sehr mit mir und mit meiner Diss. Ich denke, es ist normal, viele hatten ja schon drauf gewartet, wann es denn bei mir einsetzt! :) Momentan habe ich das Gefühl, ich kann DAS DING niemals abgeben. Ich kanns einfach nicht, ES ist zu schlecht! Unvollständig, unstrukturiert! Geht nicht! Ich müsste eigentlich wieder von vorne anfangen, diesmal in dem Wissen, was ich eigentlich sagen will. Geht nicht, ist mir auch klar! Aber eine gewisse Panik ist schon da...
Auf der anderen Seite habe ich nun mein Poster für die ICP2008 endlich fertig gestellt. Poster und Handzettel! Jetzt heiß es abwarten und gucken, was da genau passiert.
Mein Zeitplan schaut übrigens so aus:

Mo, 21.07.:
8-10h: Entweder Invited Symposium "Analogy-making"
oder Symposium "Why psychology moves towards the qualitative"
oder Symposium "Self-regulated learning with multimedia"
oder in der Paper Session "Social psychology" der Beitrag "Media and fear of crime: The implicit relationship".

Dann muss ich mir irgendwann nebenher ein Paar Posters anschauen:
Cognitive development - Young children's comprehension of deception in folk stories and their manipulation of deceptive acts in games.
Cognitive development - Effects of exposure to mass media on human drawings of four-year olds
Aggression and violence - The correlations between playing computer games involving violence and displays of aggression by the players
Aggression and violence - Television and aggression: A test of a mediated model
Aggression and violence - Online game and aggressive behavior of college students
Child and adolescent psychopathology - Media role in a crisis psychological intervention

Dann von 10h15 bis 11h15:
Entweder Paper Session "Media effects: The psychological, social, and cultural impact of mass media I"
oder die Paper Session "'Social Media': Social processes and social interaction in mass media I"

Von 11h30 bis 13h30:
Invited Symposium "Lifelong learning: From definition to intervention"
oder Symposium "Decision-making and problem solving in complex scenarios" (gestrichen)
oder Symposium "Components of arithmetic skills: Their diagnosis, prediction and use in remedial education"
oder Paper Session "Smoking and alcohol abuse" (gestrichen)
oder Paper Session "The development of cognition and metacognition across the lifespan" (gestrichen)
oder "Mission cognition: specially designed video games for the development of higher cognitive functions"
(verdammt harte Entscheidung!)

13h45 bis 14h45 gehts weiter: Paper Session "Cognitive development in childhood I"
Wobei das vllt. auch entfällt.

Von 14h bis 17h ist wieder Poster Session, wobei ich mich da insbesondere auf die "Media psychology"-Themen freue (Children's preference of television programs,
Psychological determinants of addiction to the internet, Dynamics of the parameters of functional states while playing and working on a computer, Avatar, shops and Linden dollars in Second Life: New consumers between reality and virtuality, The effect of violent and non-violent computer games on cortisol in adolescent boys, Life events, online games and pathological internet use of Chinese early adolescents usw.)

Von 15h-16h30 ist noch eine Paper Session über "Substance abuse / epidemiology, course and intervention I", aber ich weiß nicht, ob ich nicht lieber bei den Postern bleibe...

16h45: Invited Symposium "Integrating approaches from education, usability and cognitive science for efficient e-learning deployment: The experience of the WELKOM Leonardo project", wobei mich davon nur ein Beitrag interessiert: "Game-based learning: Development of a general methodology for creating serious games".

Ein andere Symposium zur gleichen Zeit, was mich weit mehr reizt ist: "Mathematical cognition: Development, representation, cerebral mechanisms and individual differences".

Und das war erst der erste Tag!!! Ich bin einfach nur dankbar, dass es dieses Personalisierungstool gibt, sonst würde man überhaupt nicht mehr durchblicken!!!
In diesem Sinne, gehe ich weitere interessante Beiträge aussuchen.
Wer übrigens da sein sollte: mein Poster wird am Mittwoch nachmittag zu sehen sein:
No.: PS-Wed-pm Poster Session
Session title: Poster Session Wednesday Afternoon
Time: 14.00 -17.00
Room: Saal 2
118 Emotion and Motivation
Why playing games is better than living lifes

Hoffe, den einen oder anderen vllt. dort zu sehen...
(Falls ich also wieder untertauche, bin ich bis mindestens 25.07 entschuldigt! ;) )

Montag, 30. Juni 2008

Konsolennacht

Ich bilde mir ein, dass, wenn ich pausenlos arbeite, die Diss demnächst abgeben kann. Deswegen tue ich das gerade auch, und blogge dafür kaum noch.
Da gibt es zwei Möglichkeiten: entweder es stimmt (dass ich bald abgeben kann), oder aber es stimmt. Ok, es gibt doch nur eine Möglichkeit! :)
Tatsächlich plane ich schon für irgendein Wochenende im August meine ich-hab-meine-Diss-abgegeben-Party. Ich hoffe, damit einige Leute, die ich wirklich sträflich vernachlässigt habe, in den letzten Jahren, etwas milder stimmen zu können (bitte verzeiht mir *bettel*).
Aber für das erste wollte ich für meine Nürnberger Leserinnen und Leser die Konsolennacht ankündigen:
"am 19.7. startet um 17:00 uhr bei uns in der treppenhaus-lounge die "konsolennacht".
wir stellen lauter kult-konsolen (SNES, GCUBE, etc.) auf und lassen die gäste um die wette zocken.
ab 20:00 uhr könnt ihr auf einem großdisplay richtig fett gegeneinander antreten - außerdem spielt eine band dann dazu klassische game-musiken LIVE!!"
Wer also Lust hat, weitere Infos gibt es auf der Webseite der Treppenhaus-Lounge, unter Programm.

Sonntag, 22. Juni 2008

Abhängigkeit von digitalen Spielen

Nachdem ich in den letzten Wochen wirklich zu fast gar nichts gekommen bin (u.a. wegen eines 1-wöchigen Urlaubs in Kroatien), bin ich heute mal wirklich fleißig. Ich arbeite bis ca. 16h30, und gehe dann mit Steffen und Fuchur an den See (was bei 33°C im Schatten durchaus vernünftig ist).
Erkenntnisse aus der Abhängigkeit:
Das Kapitel wurde ziemlich lang (48 Seiten), was deshalb nicht verwundert, weil mein Herzblut daran hängt.
Es scheint gesichert zu sein, dass die Anzahl Internet- und Computer(spiel)süchtiger in den letzten Jahren zugenommen hat. Die Diskussion darüber, ob stoffunabhängige Süchte (Verhaltenssüchte) überhaupt mit stoffabhängigen Süchten (z.B. Drogenoder
Alkoholmissbrauch) gleich zu setzen sind, tobt nach wie vor, aber die Bedeutung stoffunabhängiger Süchte wird glaube ich durchaus erkannt. Einige Autoren gehen allerdings davon aus, dass eine stoffunabhängige Sucht immer nur als Symptom einer tieferliegenden psychischen Störung auftreten kann. Ich bin mir noch unschlüssig, ob ich mich dieser Meinung anschließe oder nicht. Fest steht allerdings, dass Menschen, die glücklich sind und ein erfülltes Leben leben, weniger zu Süchten tendieren. Süchte sind ja irgendwo ein Symptom dafür, dass etwas eben NICHT in Ordnung ist *find*.
Nach all den Autoren, die ich gelesen habe, und all den Interviews, die ich durchgeführt habe, habe ich folgende Symptome gefunden, von denen mindestens einige vorhanden sein müssen, um von einer Abhängigkeit zu sprechen:
* starker Wunsch oder überwältigender Drang zu spielen;
* periodisch oder kontinuierlich weilen die Gedanken beim Spiel;
* exzessive Spielintensität;
* Schwierigkeiten, die Spieldauer zu kontrollieren;
* anhaltendes Spielen trotz schädlicher (körperlicher und sozialer) Folgen;
* zunehmende Belastung anderer Lebensbereiche (Familie, Arbeit, soziale Kontakte);
* Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz (Spielschulden, Fehlen geregelten Einkommens, Beschaffungskriminalität und so weiter);
* das Spielen hat Vorrang vor anderen Aktivitäten und Verpflichtungen;
* Entwicklung einer „Toleranzerhöhung“, z.B. in Form einer anwachsenden Häufigkeit
des Spielens oder ständigen Erhöhung der Spielzeit;
* gelegentlich: körperliche Entzugserscheinungen (z.B. Ängste, Nervosität).
Die Ursachen für die Abhängigkeit werden in vier Kategorien unterteilt: persönliche,
strukturelle, gesellschaftliche Ursachen und Mischformen. Der Mechanismus
scheint aber immer der gleiche zu sein: der Versuch, Bedürfnisse zu befriedigen, die in der wirklichen Welt - aus welchen Gründen auch immer - nicht oder nicht ausreichend gestillt werden.

Für Fortgeschrittene Blogleser:
Die Affiliation findet beim Spielen Befriedigung z.B. in Form von Anerkennung, aber auch in den „Ersatzpartner“, den das Spielen darstellt, und der ständig verfügbar ist. Der Bestimmtheit wird durch die klaren Regeln, durchschaubare und verlässliche Strukturen, sowie durch die Komplexitätsreduzierung und die Möglichkeit, eigene Entscheidungen zu treffen und Verantwortung zu übernehmen, Rechnung getragen.
Die Kompetenz schließlich kann durch spannende Abenteuer und Entdeckungen gestärkt werden, ebenso wie durch die schwierigen Aufgaben, die zu lösen sind, und die Möglichkeit, die eigenen Leistungsbereitschaft auszuleben, Macht und Erfolg zu erleben.
Gerade einsame, freudlose Umgebungen und fehlende Alternativen können Menschen
dazu bringen, mehr und mehr Zeit in digitalen Spielen zu verbringen, und das
eigene Leben vollkommen zu vernachlässigen.
Die Typen nach Bartle - Explorer, Achiever, Socializer und Killer - zeugen von einer
Bedürfnisverteilung, die auch für die Suchtentstehung relevant ist.

Für den krönenden Abschluss möchte ich hier nochmal Csikszentmihalyi zitieren:
Für Csikszentmihalyi (1975) ist die Lösung einfach, wie verhindert werden kann, dass eine Abhängigkeit vom Flow entstehen kann. Der Autor empfiehlt, in vielen verschiedenen Bereichen Fähigkeiten zu entwickeln, so dass Flow in einer Reihe von Umständen erfahren werden kann. Ist eine Möglichkeit nicht verfügbar, kann auf eine andere zugegriffen werden (Csikszentmihalyi, 1975, S. 139).
Wir brauchen also eine Welt, in der es auch außerhalb vom Spiel Flow gibt. So einfach ist das...

Freitag, 6. Juni 2008

Aggressivität durch Verwöhnung

Ich liebe Wolfgang Bergmann ja nicht übermäßig. Bzw. ich kann mit seiner theoretischen Ausrichtung nicht allzuviel anfangen, um ehrlich zu sein. Aber ich muss zugeben, dass ich vor seinem gesunden Menschenverstand doch sehr großen Respekt habe.
Heute erst hörte ich eine ältere Sendung von SWR2 Leben, genannt "Aggressivität durch Verwöhnung".
Darin wird der Psychoanalytiker und Kinder- und Jugendtherapeut interviewt, und räumt mit einigen recht umfassenden Vorurteilen auf: Kinder seien nur dann aggressiv, wenn sie selber Opfer von Gewalt gewesen sind, und erklärt recht anschaulich, wodurch Gewalt noch entstehen kann, und was man mit Kindern und Jugendlichen machen kann, um sie in die Wirklichkeit wieder zurück zu bringen. Fand ich sehr hörenswert.

Dienstag, 13. Mai 2008

Tiere und Computer

Heute mittag (beim Brötchen an der Sonne) hörte ich eine Sendung über "tierische Therapeuten". Darin wurde vorgestellt, welchen Effekt Hunde bei alten Leuten im Altenheim oder bei verhaltensauffäligen Kindern (am Beispiel einer 13-jährigen) haben (können).
Jeder, der selber einen Hund hat, kennt es: es gibt kaum etwas schöneres, als nach Hause zu kommen, und so ein schwanzwedelndes Ungeheuer schmeißt sich auf den Boden vor Freude. Da weißt man wieder, warum man am Tag 160 km zurücklegt.
In der Erklärung, warum Hunde eine solch positive Wirkung auf Menschen haben können gingen Prof. Olbrich und die Moderatorin darauf ein, dass sie keine Erwartungen haben (die Hunde). Sie stören sich nicht daran, wenn eine alte Dame die gleiche Geschichte zum 15. Mal erzählt, sie geben nichts auf Äußerlichkeiten, und Dinge, die für andere Menschen oft widerwärtig sind, lieben sie ganz besonders.
Das erinnerte mich unwillkürlich an die Erzählung meiner 8-jährigen Interviewpartnerin Lisa: sie mag den Computer so gerne, weil sie dort nichts falsch machen kann. Niemand erwartet etwas von ihr, sie kann einfach machen, und wenn es mal nicht klappt, dann fängt sie einfach wieder von vorne an.
Ist es vielleicht ein Wunder, dass in einer solch leistungsorientierten Gesellschaft sich die Menschen gerade dort wohl fühlen, wo nichts von ihnen verlangt wird? Bei Hunden und digitalen Spielen?

Montag, 12. Mai 2008

Online wwww-Sendung

Wie versprochen, hier der Link zu meinem Interview mit Thomas Wanhoff über Gewalt und Computerspiele: http://wissenschaft.wanhoff.de/.
Bin gespannt, was da noch an Kommentare kommt...

Mittwoch, 7. Mai 2008

Disskorrektur

Faszinierend. DAS DING war bereits 4x gelesen worden, als ich sie in die Deutschkorrektur gab. Im festen Glauben, da KANN sie nichts mehr finden, meine Korrektorin. Aber weit gefehlt: Sie kam ziemlich bekümmert zu mir um zu sagen, dass da noch eine ganze Menge zu tun sei. *hoil*
Da merkt man, dass ich überwiegend Blogs und Mails schreibe, und keine vernünftigen Texte: Fehlende Wörter, unvollständige Sätze und vor allem VIEL ZU WENIGE Kommata!!
Ich dachte immer, im Deutschen verwendet man so wenige, und war eigentlich auch recht stolz auf mein Deutsch. Naja, nicht unterkriegen lassen. Eines Tages wird DAS DING fertig sein - momentan bin ich's noch! :P
Aber dann fand ich diese PERLE, eine Frucht meiner kühnsten Überlegungen, und ein Zeichen, wie beschränkt mein Vokabular doch ist - oder wie einfach ich denke:
"Die Einzelfallanalyse ermöglicht eine genaue Beobachtung eines Phänomens, mit möglichst vielen der möglichen Einflussfaktoren".
Ist das nicht genial???
Dass ich das Wort "möglich" liebe war mir schon klar. Aber so?? Besser nur noch das, wo ich behaupte, dass das Spielen eine wichtige Rolle spielt! :)
Priming ist ja ursprünglich etwas Sinnvolles. Aber wenn es erstmal beim Schreiben angeht, wiederholt man sich ständig. Autor A denkt, und Autor B denkt, und Autor C denkt ebenfalls. Autor A stellt fest, Autor B stellt fest, und Autor C stellt ebenfalls fest. AAAARGH!!
Weitere ständige Begleiter sind "ebenfalls", "Mensch", und so relativierende Sachen ("vielleicht", "in bestimmten Fällen", "unter gegebenen Umständen").
Dafür bin ich ja Psychologin: um mich niemals auf irgendwas festlegen zu müssen.
Ich brauche alle MÖGLICHkeiten! ;)

Dienstag, 6. Mai 2008

Neue WWWW-Sendung

Meinen treuen Bloglesern darf ich es vorab verraten: Thomas Wanhoff und ich haben eine neue gemeinsame WWWW-Folge aufgenommen. Das Thema diesmal: Gewalt in digitalen Spielen.
Ist ein fast halbstündiges Interview geworden (mal gucken wieviel er rauschneidet) und wird vermutlich am Sonntag online gehen. Den Link teile ich Euch dann mit, wenn ich sie mir selber angehört habe und mir sicher bin, dass ich a) keine zu unvollständigen Ideen in die Welt gesetzt habe und b) keinen absoluten Blödsinn zusammengschmarrt habe! :)
Übrigens wars ein komisches Gefühl, denn ich kenne Thomas Stimme schon länger (aus dem Podcast), aber es war recht seltsam, dass "das Radio" plötzlich mit mir redete! ^^
Bin gespannt wie Ihr es findet! :)

Mittwoch, 23. April 2008

Juhu!! :)

Ich fühle mich meinem Ziel ein Stückchen näher!
Heute hatte ich Dissfeedbackgespräch mit Dörner.
Und er war... recht angetan von meiner Arbeit! :)
Er sagte, es liest sich gut, Theorie und Praxis sind gut verbunden, es ist sehr vielseitig... Wie üblich bin ich eher rausgetänzelt als rausgelaufen. Dieser Mensch motiviert mich wie 10.000€ es nicht könnten!
Nächste Schritte sind jetzt also:
1. selber nochmal durchlesen, Änderungen von ihm bzw. seine Vorschläge einarbeiten (bin dabei, S. 7);
2. alles nochmal einhacken;
3. alles was fertig ist ausdrucken und meiner Kollegin zur Deutschkorrektur geben.
Jetzt ist also alles fließend: ich bekomme es Stückchenweise von ihm zurück, lese und arbeite Änderungen ein, gebe es zur Deutschkorrektur, und gebe es dann ein letztes Mal ein. Danach sollte DAS DING fertig sein.
Er ist optimistisch, dass ich noch im Sommersemester abgebe! Ich, erst... Ich sprudle über vor Optimismus! :)))

Dienstag, 22. April 2008

Prioritäten setzen...

Tja, vor dem Geburtstag meiner Mama verteidigen wird tatsächlich nicht gehen. Also entspannen wir das Ganze. Ich gebe die Diss jetzt irgendwann im Sommer ab. Wir fliegen Anfang Okt nach Brasilien, feiern dort recht schön, und danach schaue ich, dass ich vernünftig lerne und irgendwann im November prüfen kann.
Vorausgesetzt, Dörner ist morgen mit meinem neuen Zeitplan einverstanden... Mama, wir kommen! :)

PS. Kapt. Abhängigkeit ist nun endlich fertig, nur die Abschlussdiskussion fehlt noch. Aber zum Schluß hin zieeeeeht es sich... Und es sind jetzt doch 461 Seiten geworden...

Montag, 14. April 2008

Strich durch die Rechnung

Wer lesen kann, ist klar im Vorteil. Das gilt nach wie vor.
Abzug aus der Promotionsordnung:

"(3) Einsichtnahme in die Arbeit:
a) Die Dissertation wird mit dem Gutachten innerhalb einer angemessenen Frist, von der
mindestens 14 Tage in die Vorlesungszeit fallen müssen, zur Einsichtnahme durch die hauptberuflich tätigen Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer der in § 1 Abs. 1 genannten Fakultäten im Dekanat der Fakultät ausgelegt, der die Erstgutachterin bzw. der Erstgutachter angehört."

Somit ist mein Zeitplan hinfällig, und ich weiß nicht, wie ich im Oktober nach Brasilien komme zum gemeinsamen 25. meines Bruders und 50. meiner Mutter! :(

Neuer Disszeitplan

Kaum zu glauben, gerade eben habe ich den letzten Termin verpasst, um meine Prüfung im Sommersemester abzulegen, schon wird es eng mit dem Wintersemester.
Der Hintergrund: ich hätte gerne meine Prüfung in der ersten Woche des Wintersemesters abgelegt (13./14.10), da meine Mama den 50. und mein Bruder seinen 25. Geburtstag am 18.10 feiern, und ich gerne dabei (sprich: in Brasilien!) wäre. Dafür wäre es gut, wenn die Prüfung schon weg wäre, und nicht nach 2 Wochen Urlaub oder so fällig! :P
Nun ja, der momentane Plan schaut also so aus:
HINHOCKEN und ARBEITEN!!! :)
Aufgabe Fällig am
Termin DD vereinbaren 16.04.2008
Kapt. Abhängigkeit fertigschreiben 23.04.2008
3.-korrektor fragen 01.05.2008
Verbesserungen DD einarbeiten 04.05.2008
Fazits ergänzen 05.05.2008
Diss durchlesen 18.05.2008
Diss Deutschkorrektur 22.05.2008
Einführung überarbeiten 23.05.2008
Zusammenfassung schreiben 26.05.2008
Dokumente zusammensammeln 02.06.2008
Diss ausdrucken 02.06.2008
Diss abgeben 02.06.2008
Ich weiß, ich bin eine große Optimistin. Aber wer nicht wagt, der nicht gewinnt! ;)

Montag, 7. April 2008

Tausend Fragen, keine Antworten

mo kommentierte neulich einen Abhängigkeitspost, und verwies auf ein Post von Benjamin Birkenhake, der behauptet: "Jedes Blog in meinem Feedreader ist mehr "richtige Welt" als ein durchschnittlicher Quadratmeter der Hamburger Innenstadt". Womit er recht haben mag. Die Grenzen zwischen Wirklichkeit und Virtualität verschwimmen immer mehr.
Eine meiner besten Freundinnen wohnt 500 km weit weg, mit ihr spreche ich häufiger als mit den meisten meiner ArbeitskollegInnen, die ich jeden Tag sehe, und meine Mutter, die 12000 km weit weg ist, ist mir so nah, wie eine Mutter einer Tochter nur sein kann. Sind sie weniger real, weil sie so weit weg sind, und außerhalb der Virtualität (gesehen als Fernkommunikationsformen) gar keinen Anteil an meinem Leben hätten (abgesehen von den 1-2 Mal im Jahr, wo man sich von Angesicht zu Angesicht gegenüber steht)? Ist es wichtig, ob es persönlich oder über die Entfernung stattfindet?
Meine heutige Frage richtet sich viel mehr danach, ob wir irgend ein Recht haben, die reale Welt der virtuellen (oder irgendeiner anderen "nicht-realen") Welt vorzuziehen?
Wenn jemand in der wirklichen Welt unglücklich ist, hat er/sie dann nicht das Recht, sich eine eigene Welt zu erschaffen, die ihm/ihr mehr liegt? Kann er nicht lesen, in Tagträumen versinken, Computer spielen?
Wäre Kunst überhaupt jemals entstanden, wenn uns an der wirklichen Welt so viel läge?
Warum lesen Menschen? Warum schauen sie fern? Warum fahren sie in Urlaub? Warum treiben sie Sport? Tun wir das Meiste, was wir tun, nicht eben deshalb, um uns vor der realen Welt zu verstecken? Oder um uns zumindest von ihr abzulenken?
Sollten wir nicht frei sein, genau das zu tun, was wir möchten? Sollten wir nicht am wirklichen Leben solchen Spaß haben, dass wir nichts anderes brauchen? Keine Träume, keine Bücher?
Wenn ich jemand frage: zwischen einem traurigen Leben und einem glücklichen Rausch, was würdest du wählen?, warum antworten mir so viele, sie würden das Leid nehmen, ohne es erklären zu können? Und warum wählen sie aber im Alltag trotzdem das Vergessen in jeder Form, in der es sich ihnen bietet (Arbeit, Sport, Spiel, ...)?
Warum hasten wir ständig dem Glück hinterher, der hinter der nächsten Kurve, hinter dem nächsten Berg liegen MUSS, und begreifen nicht, dass das Leben genau das ist, was wir JETZT haben, und nicht das, was wir in ein Paar Wochen, Monaten oder Jahren haben werden?

Welches Recht habe ich als Psychologin, jemand sagen zu können, er soll sich für ein Sch***leben entscheiden, wenn er stattdessen ein glückliches Leben in einem anderen Land haben kann? Und was, wenn dieses Land virtuell ist?
Wer entscheidet, was einem Leben Sinn gibt? Bin ich das, ist das die Wissenschaft?
Muss nicht jeder für sich selbst entscheiden, was für ihn/sie richtig ist?

War Huxleys Soma wirklich eine so schlechte Idee? Können Computerspiele nicht genau das sein, eine perfekte Droge, die Glück und Vergessen bringt, und keine Nebenwirkungen hat, außer der Zeit, die man nicht lebt?

(Ich bin krank und habe (zu) viel Zeit, es ist der perfekte Zustand, um sich solche Fragen zu stellen. Ich weiß nur nicht, ob es die richtige Zeit ist, um Antworten zu finden...)

Samstag, 5. April 2008

Form und Inhalt

Neulich schrieb Jan Schmidt was zum Thema Geschlechterunterschiede beim Bloggen.
Es hat mich nachdenklich gestimmt. Stimmt es, stimmt es nicht?
Ich kenne wenige Frauen die bloggen. Ich kenn insgesamt nicht viele Blogs. Für die meisten fehlt mir der Nerv. Und die Zeit, die guten zu suchen. Es ist nur sehr selten, dass ich mich mit einem Blog anfreunden kann, von dem ich den Verfasser nicht kenne (und das ändere ich dann auch recht rasch :) ).
Aber wenn ich jemand kenne, der einen Blog schreibt, dann lese ich den meist total gerne - und sei es nur, um des Gefühls des Beteiligtseins Willen. Socializer halt.
Dabei mag ich zwar so Überlegungsblogs, oder thematische Blogs, aber meine Präferenz liegt in solchen Überlegungen, wo man den Verfasser auch durchsieht.
Hört sich vllt. banal an, aber ich schreibe wie ich gerne lese. Manchmal so ein bisschen um den Brei drum rum, nicht so viele neue Infos, halt eher labern.

Jan sagt auch im Interview auf jetzt.de, dass "der Anteil der Männer in den sichtbaren Blogs – also den Blogs, die oft zitiert werden und verlinkt werden – sehr viel höher ist. In einer Auswertung der 180 meistverlinkten Blogs haben wir festgestellt, dass deren Betreiber zu 75 Prozent männlich waren, obwohl unter allen Bloggern die Geschlechterverteilung in etwa gleich hoch ist".
Ich würde auch darauf tippen, dass Frauen eher zu vorgefertigten Templates und Plattformen tendieren a la MySpace oder Blogspot, während Männer eher ihr eigenes Ding machen. Vllt. auch weil sie mit der Technik eher zurecht kommen. Und ich glaube auch, dass Frauen sich vllt. weniger um Inhalt und mehr um Persönliches bemühen.
Andererseits habe ich ja meinen eigenen Blog in den letzten Tagen technisch optimiert (Gimmicks for the win! Tag-cloud, Chat, Besucherzähler...) und stelle fest, dass das allein schon mein Schreibstil irgendwie verändert (weil ich mir bspw. um die Labels mehr Gedanken mache).
Was mich dran erinnert, dass ich noch ein neues Label brauche: Drumrum, für das, was über eigentlich nichts spricht! :)

Mein Fazit? Männer schreiben technischer, Frauen persönlicher. Auf mich trifft das zu. Aber hey, Qualität ist mir eh lieber als Quantität! Lieber kenne ich meine Leser - oder habe das Gefühl, dass sie das Gefühl haben, sie kennen mich - als dass ich 1000 Zugriffe am Tag habe, aber keine Ahnung, wer sich für das interessiert, was ich schreibe. (Oder aber ich schreibe das nur, weil ich keine 1000 Leser habe, und wenn ich solche hätte, würde ich was ganz Anderes schreiben! :) )

Mittwoch, 2. April 2008

Mehr Flow

Noch benebelt von den Glückshormonen, die Sport immer sehr wirkungsvoll produziert, habe ich weiter über das Flow nachgedacht.
Csikszentmihalyi hat ja postuliert, dass Flow ein Gleichgewichtszustand ist zwischen (empfundenen) Fähigkeiten und (empfundenen) Handlungsmöglichkeiten. Die Anzahl der Handlungsmöglichkeiten kann auch als Herausforderung verstanden werden.
Sind die Fähigkeiten größer als die Möglichkeiten, sie zu gebrauchen, wird einem langweilig. Wenn die Fähigkeiten zu gering für die Herausforderungen sind, ergibt sich Besorgnis oder gar Angst.
Ich interpretiere die Zustände links folgendermaßen: Überforderung ist eine hohe Unbestimmtheit bei geringer Kompetenz; Unterforderung ist ein Absacken der Kompetenz durch zu hohe Bestimmtheit (der Mechanismus im Detail: der Mensch bezieht Kompetenz aus dem Vorgang der Unbestimmtheitsreduzierung. Ist keine Unbestimmtheit da, verbraucht sich die Kompetenz nach und nach und kann nicht wieder aufgefüllt werden).
Im Flow ist die Unbestimmtheit ausreichend, als dass aus dem Vorgang ihrer Reduzierung Kompetenz geschöpft werden kann, aber nicht so groß, dass die Kompetenz dadurch absacken könnte.
Dynamik ist dabei teil des Prozesses. Es kann niemals ruhen, sondern bewegt sich ständig.

Menschen im besorgten Zustand Ayx können zum Flow zurückkommen durch eine fast unendliche Kombination von zwei grundlegenden Prozessen: Herausforderung verringern (Axx) oder eigene Fähigkeit erhöhen (z.B. durch Training) (Ayy). Wer Ayy wählt, erreicht einen komplexeren Flowzustand, da es mehr Möglichkeiten und ein höheres Level von Fähigkeiten beinhaltet. Umgekehrt, wenn jemand gelangweilt ist kann er zum Flowzustand zurückkommen entweder indem er die Herausforderungen der Umwelt erhöht oder aber indem er sich selber handicappt und sein eigenes Fähigkeitenlevel verringert. Die zweite Wahl ist weniger komplex als die erste.

Worauf will ich hinaus?
Naja, wenn so viele Menschen beim Computerspielen - und wie es bei der Abhängigkeit vermutlich der Fall ist nur beim Computerspielen - Flow erleben, dann lässt uns dies auf 2 Alternativen schließen:
a) die Menschen sind in der wirklichen Welt unterfordert oder
b) sie sind überfordert.
Ich glaube, gewissermaßen sind beide Möglichkeiten gleichzeitig vorhanden.
Einerseits werden Jugendliche in unserer Gesellschaft sehr lange kindlich gehalten. Ich meine, vor wenigen hundert Jahren haben 18-jährige ganz selbstverständlich eine Familie gehabt. Sie haben Kriege geführt und Länder regiert. Heutzutage betrachten wir 18-jährige als Kinder, die kaum in der Lage sind, allein zu wohnen und sich selbst zu versorgen. Was aber nicht stimmt: von ihren körperlichen Fähigkeiten her sind sie "Erwachsenen" ebenbürtig. Nur sie dürfen nichts. Insofern glaube ich schon, dass gerade Jugendliche häufig unterfordert sind.
Auf der anderen Seite stelle ich fest, dass Jugendliche so klein gehalten werden, dass sie gar keine Kompetenz entwickeln. Sie werden verhätschelt und beschützt, und um zu verhindern, dass sie sich weh tun, werden sie keinen Misserfolgen ausgesetzt. Aber die Kompetenz kann nur dadurch wachsen, dass sie eben erfahren wird. Und ich erfahre Kompetenz dann, wenn etwas schief geht - und ich es überlebe. Oder wenn etwas schief gehen könnte, es aber nicht tut!! Weil ich es eben geschafft habe. Die Möglichkeit des Misserfolgs muss vorhanden sein, und dann kann ich auch Kompetenz tanken.
Insofern sind vllt. ihre empfundenen Fähigkeiten sehr gering - was zu einer Überforderung führen kann.

Was ist die Antwort?
Die gleiche wie bisher: Fähigkeiten steigern oder Schwierigkeitsgrad senken bei Überforderung, Fähigkeiten drosseln oder Schwierigkeit erhöhen bei Unterforderung.
Im Detail hecke ich dafür gerade einen Plan aus! :)

Flow oder nicht flow

Ich habe ja schon öfters von Mihaly Csikszentmihalyi gesprochen. Ihr wisst doch, der mit dem Flow-Begriff. Ich merke, dass ich die Zusammenfassung seines Buchs immer noch schuldig bin, dafür kann ich mit einem Podcast dienen (nicht von mir), den ich die Tage mal gehört habe: Flow: Wann und warum wir glücklich sind - 18.03.2008
Ich kenne wenige Wissenschaftler, die mich mit ihrem Werk mehr beeindruckt haben.
Er führte zwar Experimente durch, und wertete sie aus. Aber er tat viel mehr als das: er versuchte, den Menschen zu verstehen (also genau das, was ich jetzt auch mache). Und er wagte, denn wer nicht wagt, der nicht gewinnt: er extrapolierte seine Ergebnisse extrem. D.h. seine Ergebnisse sagten Hkm und er interpretierte "Honigkuchen mit Marmeladenfüllung". Was zwar nicht gesagt war, aber womit er vollkommen recht hatte.
Er postulierte, dass Glück nicht etwas ist, das einfach geschieht. Man kriegt es nicht geschenkt, und es währt nie lange. Aber man hat jederzeit die Möglichkeit, sich die Bedingungen zu schaffen, mit denen Flow eintreten kann.
Flow. Flow ist der Zustand des Aufgehobenseins. Der Zustand, in dem sich das Ich auflöst, weil es keinen Grund mehr für ihn gibt, da zu sein. Der Zustand, der dem Nirvana am nächsten kommt. Glück ist das einzige Motiv per se, könnte man sagen: alle Bedürfnisbefriedigungen, auch die von Dörner, streben Lust an. Und Lust ist Glück - und umgekehrt. Ich esse, weil es mich glücklich macht, ich liebe, weil es mich glücklich macht, ich möchte Geld haben, weil es mich glücklich macht. Oder weil ich in der Erwartung, dass es das tut, anstrebe, Geld zu haben. Inzwischen weißt man ja, dass Geld nur glücklich macht, wenn man es für andere ausgibt! Aber es geht oft nicht um die Bedürfnisse selber, sondern um den Mechanismus, der evolutionär geschaffen wurde, damit diese Bedürfnisse befriedigt werden. Lust, Glück.
Und für Csikszentmihalyi lässt sich das Glück eben in dem Flowzustand finden. Und der Flowzustand kann nur dann eintreten, wenn (empfundene) Fähigkeiten und Handlungsmöglichkeiten im Gleichgewicht sind. Wo ich also weder über- noch unterfordert bin und zudem häufigen Feedback über meine Fortschritte erziele.
Deswegen kann Nähen so Spaß machen. Ich nähe Sachen, die mir nicht zu schwer sind, die also meinen Fähigkeiten entsprechen, und ich sehe meine Fortschritte ständig!
Und wie ist es beim Computerspielen? Natürlich genau das gleiche!
Computerspiele sind vermutlich die beste Flowbeschaffungsmaßnahme!!
Ich kann die Schwierigkeit einstellen, so dass ich weder über- noch unterfordert bin. Meine Aufgaben sind klar, ich weiß genau was zu tun ist. Und ich weiß ständig, ob ich meinem Ziel näherkomme oder mich davon entferne.
Ein perfekter Kreis von Heckhausens Aktivierungszirkel (über den ich bei Gelegenheit auch noch ein oder zwei Wörtchen verlieren muss).
Das Problem entsteht dann, wenn z.B. Fähigkeiten falsch (zu hoch / zu niedrig) eingeschätzt werden, und häufige Misserfolge auftreten.
Weil dies im richtigen Leben wesentlich häufiger passiert als in der virtuellen Welt, verlieren viele Menschen irgendwann die Lust danach, im richtigen Leben Flow aufwändig aufzubauen, während es im Spiel so einfach zu haben ist.
Andererseits verschlechtern sich bestimmte Fähigkeiten beim Spielen (einfach deshalb, weil sie nicht mehr trainiert werden im RL), so dass das Flowen im RL immer schwieriger wird. Da ist er, der Abhängigkeitsteufelskreis...
Danach wäre es doch so einfach, im richtigen Leben dafür zu Sorgen, dass Fähigkeiten und Möglichkeiten im Gleichgewicht sind! Fähigkeiten realistisch einschätzen, dort drosseln, wo die Schwierigkeit nicht hoch genug ist, Möglichkeiten dort drosseln, wo die Fähigkeiten nicht ausreichen. Dazu noch eine Prise Freiheit, und fertig ist das Glücksgefühl...

Mittwoch, 19. März 2008

Computerspielabhängigkeit

Ich werkel gerade an meinem Kapitel über Abhängigkeit von digitalen Spielen (über 60 Seiten!) und stelle fest, wie wahnsinnig viel Information es im Netz gibt, und wie schwer systematisierbar es ist.
Deswegen hier ein Paar Sachen zum behalten und jederzeit wiederfinden:

Wo lebst Du? - Spot von klicksafe.de über Computerspielsucht (Danke an Andi fürs Suchen!)

Wo ist Klaus? - Spot von klicksafe.de über Jugendschutz

klicksafe.de - Mehr Sicherheit im Internet durch Medienkompetenz

Gesamtverband für Suchtkrankenhilfe - Zahlreiche Informationsveranstaltungen nicht nur (aber auch) zur Mediensucht
suchtmittel.de - Allgemeine Infos zur PC-Spielsucht

Verzeichnis der Suchtberatungsstellen - nicht spezifisch Mediensucht

HSO (Hilfe zur Selbsthilfe für Onlinesüchtige, ehemals onlinesucht.de) - Eine Seite, in der sich Betroffene austauschen können (mit Vorsicht genießen). Unter OnlineSPIELsucht können Testimonials gelesen und ein Test (ca. bis zur Mitte der Seite runterscrollen) durchgeführt werden.

HELIOS Klinik Schwerin - die "erste Mediensuchtberatungsstelle in Deutschland"

Und dann hier ein Auszug von Artikeln von heise, golem & co:

US-Mediziner: Computerspiele machen nicht süchtig

Junge Chinesen sollen nur bis zu drei Stunden online spielen

Bundesregierung sieht Suchtpotenzial bei Computerspielen

Sechs Prozent sind surf-süchtig, 23.08.1999

Neuer Todesfall durch Online-Spielsucht, 10.12.2005

Psychologe fordert Anerkennung der Internetsucht als Krankheitsbild, 31.12.2005

Spielen bis zum Umfallen

Interview mit einem WoW-Süchtigen, 11.11.2005

Männer tendieren mehr zu Computerspielsucht als Frauen
(Studie der Stanford University - 05.02.2008)

Registrierpflicht fuer chinesische Online-Spieler eingefuehrt

Chatwuetig: 40 Prozent der Internetnutzer tun es

Diese Liste ist endlos fortführbar. Aber weil ich noch ein bisschen was anderes machen muss, werde ich mich bei Gelegenheit weiter darum kümmern.

Montag, 17. März 2008

Der Selbstdarstellungspost! :)

Ich weiß, das stinkt, aber für mich ist es langsam notwendig, eine Liste anzulegen, in der ich überblicken kann, wo ich was gemacht habe bzw. was im Netz über mich zu sehen ist.
Ganz aktuell wird über meine Forschung berichtet im Projekt Deutschlandreise.
Deswegen wie gesagt: neues Selbstdarstellungs-Linkskästchen links! :)

Sonntag, 9. März 2008

Joseph Weizenbaum ist tot

Am Mittwoch, den 05. März 2008 verstarb Weizenbaum 85-jährig in Berlin.
Und es gibt Leute, die nicht mehr wissen, wer er war!
Solche großartigen Menschen dürften niemals vergessen sein!
Meine gutinformierten Blogleser wissen es: ein Pionier der Informatik, der den C64 miterschuff und das Programm ELIZA erstellte und damit ein Meilenstein der künstlichen Intelligenz setzte, aber mehr als das: ein Informatikkritiker, der die Verantwortung der Wissenschaftler immer wieder betonte, und mit seiner Denkweise viele Wissenschaftler - mich eingeschlossen - stark prägte.
Auch wenn es in den letzten Jahren ruhiger um Weizenbaum wurde, seine Schriften - für mich insbesondere "Die Macht der Computer und die ohnmacht der Vernunft" und "Computermacht und Gesellschaft" - werden hoffentlich auch das Denken der zukünftigen Forscher weiter prägen.
Wir bedenken seiner.

"Jedes Individuum [muss] so handeln, als ob die gesamte Zukunft der Welt, der Menschheit selbst, von ihm abhänge. Alles andere ist ein Ausweichen vor der Verantwortung und selbst wieder eine enthumanisierende Kraft, denn alles andere bestärkt den einzelnen nur in seiner Vorstellung, lediglich eine Figur in einem Drama zu sein, das anonyme Mächte geschrieben haben und sich als weniger als eine ganze Person anzusehen, und das ist der Anfang vom Passivität und Ziellosigkeit. ...
Aber die Tatsache, dass jeder einzelne für die ganze Welt verantwortlich ist und dass die Befreiung von dieser Verantwortung zu allererst erfordert, dass jeder einzelne sich selbst gegenüber verantwortlich ist, bedeutet nicht die Leugnung, dass wir alle gegeneinander Pflichten haben." (Weizenbaum, Die Macht der Computer und die ohnmacht der Vernunft (1978), S. 348/349)

Es gibt menschliche Funktionen, die nicht durch den Computer ersetzt werden sollten; nicht weil es nicht geht, sondern weil es moralisch nicht vertretbar ist. "Respekt, Verständnis und Liebe sind keine Probleme, die mit Technik zu tun haben." (Weizenbaum, Die Macht der Computer und die ohnmacht der Vernunft (1978), S. 352)

Samstag, 8. März 2008

Nach dem Clash...


... ist vor dem Clash. Die Clash of Realities wird auch wieder in 2010 zum 3. Mal stattfinden.
Erstmal das Offensichtliche: was für eine gigantische Organisation. Geld zu haben ist doch etwas Wunderbares. Die Technik war perfekt, die Dekoration auffallend gut gemacht, die Hostessen freundlich. Das war so eine Tagung, wie Wissenschaftler sie eher selten kriegen. Und EA war zwar bei der Infrastruktur topbeteiligt, aber bei der Tagung selber sehr im Hintergrund. Vom Inhalt her war es eine wissenschaftliche Tagung ohne Sponsor, fand ich wirklich bewundernswert!

Hier mal ein Bild von Winfried Kaminski auf der Bühne (ich saß in der hintersten Reihe):

Meine Highlights: natürlich das Networking, an aller erster Stelle. Habe ein Paar Leute persönlich kennengelernt (mit denen ich schon lange emaile, chatte oder blogge), andere, von denen ich noch gar nicht wusste, dass es sie gibt, und habe natürlich auch viele Bekannte wiedergetroffen. Schade dabei war nur, dass ich an der Abendveranstaltung nicht teilnehmen konnte, da ich in Wuppertal bei meiner Kusine Jenni war.
Zu den einzelnen Vorträgen:

Claus Pias von der Uni Wien referierte über epidemiologische Berechnungen, die anhand der "corrupted blood"-Seuche, die im September 2005 (nach einem Patch) die Azeroth-Welt erschütterte, durchgeführt werden.
Ob diese Berechnungen Sinn machen oder nicht sei mal dahin gestellt, allein schon deshalb, weil manche Spieler, die ansteckend waren, von ihrer Gruppe am Leben erhalten wurden (durch Healing), um möglichst viele andere anzustecken (siehe auch videos auf Youtube). Ich meine, es hat zwar eine makabre Ähnlichkeit zu Bemühen der heutigen Medizin, auch ansteckende Menschen möglichst lange am Leben zu erhalten, aber die Wenigsten versuchen wirklich aktiv andere zu infizieren (anders als im Spiel). Aber die Idee, Menschen zu Simulation von Menschen zu nehmen, fand ich doch durchaus anziehend.
Die Virtualität und die Realität vermischen sich auch im Bereich der Simulationen zunehmend, was man z.B. bei Amazon sehr gut erkennen kann.

Maria von Salisch
, Autorin von den KUHL-Studien trug ebenfalls Anregendes vor. Sie ging auf die Ergebnisse von KUHL 1 und 2 ein, und stellte auch noch die von KUHL 3 vor.
Sie geht nach der Huhn-und-Ei-Frage vor: was war zuerst da, Aggressivität oder aggressive Spiele? Wirkt sich also die Aggressivität auf die Spielauswahl oder aber die Spielart auf die Aggressivität aus? Von ihr und ihren 2 Doktorandinnen stammt auch das Buch "Computerspiele mit und ohne Gewalt: Auswahl und Wirkung bei Kindern".
Es gibt Faktoren, die die spätere Aggressivität von Kindern vorhersagen kann, bei Jungen insbesondere das "Family Monitoring" (also wie sehr die Eltern kontrollieren was die Kinder machen, korreliert negativ, also umso weniger Kontrolle, desto aggressiver) und die Herausforderungssuche, während bei Mädchen die Persönlichkeit die zentrale Rolle einzunehmen schien.

Elisabeth Hayes (Arizona State University) berichtete, wie sie bei Mädchen durch Spiele wie Sims und Second Life das Interesse für Technisches (Programmieren, Inhalte erstellen) wecken und sie motivieren können, einen Haufen Zeit darin zu investieren. Dabei blieb für mich die Frage unbeantwortet, ob Männer und Frauen nicht einfach unterschiedliche Bedürfnisse haben, so dass das Programmieren Männern tatsächlich auch leichter fällt (ich denke dabei auch an Weizenbaums zwanghafte Programmierer).

Bert te Wildt und Silvia Kratzer referierten über die Abhängigkeit von Spielen. Beide stellten fest, dass bei Computerspielabhängigen (fast) immer eine andere psychische Störung vorlag, meistens eine Depression oder eine Adjustement disorder. Te Wildt stellte noch eine Staffelung der Abhängigkeiten vor: stoffgebundene, Abhängigkeit von körperlicher Aktivität, stoffungebundene und Abhängigkeit von komplexen Verhaltensweisen.

James Gee spricht von Spielen als Grundlage zum Erlernen von Lösungsmöglichkeiten für komplexe Probleme: die Welt in anderer Form wahrnehmen und überdenken, um neue Handlungsmöglichkeiten zu vermuten / überlegen / ausprobieren.

Am nächsten Tag hatten wir noch einen Doppelvortrag aus Wien (Konstantin Mitgutsch von der Uni und Herbert Rosenstingl von der BuPP).
Der Eine brauchte eine Klassifizierung für Spiele, der Andere versuchte sie durchzuführen. Dazu verwendete Mitgutsch Begriffe der Entwicklungspsychologie, und unterteilte (zumindest theoretisch, eine praktische Umsetzung scheint noch nicht gegeben zu sein) die Spiele in verschiedene Altersgruppen je nach Reifestufe.

Anna Gough-Yates von der Uni London berichtete über die Medienausbildung in Großbritannien und Jörg Müller-Lietzkow machte den Abschluss mit vielen aktuellen Zahlen über das Spielen.

Anschließend ging noch ein Großteil der AG-Games in eine Dönerbude Mittagessen, und die, die nicht bleiben konnten (wie ich) zerstreuten sich wieder in alle Winde.

Auf der Rückfahrt merkte ich schon, wie geschafft ich eigentlich bin, und freue mich, jetzt einige ruhige Tage zu haben, um alles zu verarbeiten...