Mittwoch, 2. April 2008

Flow oder nicht flow

Ich habe ja schon öfters von Mihaly Csikszentmihalyi gesprochen. Ihr wisst doch, der mit dem Flow-Begriff. Ich merke, dass ich die Zusammenfassung seines Buchs immer noch schuldig bin, dafür kann ich mit einem Podcast dienen (nicht von mir), den ich die Tage mal gehört habe: Flow: Wann und warum wir glücklich sind - 18.03.2008
Ich kenne wenige Wissenschaftler, die mich mit ihrem Werk mehr beeindruckt haben.
Er führte zwar Experimente durch, und wertete sie aus. Aber er tat viel mehr als das: er versuchte, den Menschen zu verstehen (also genau das, was ich jetzt auch mache). Und er wagte, denn wer nicht wagt, der nicht gewinnt: er extrapolierte seine Ergebnisse extrem. D.h. seine Ergebnisse sagten Hkm und er interpretierte "Honigkuchen mit Marmeladenfüllung". Was zwar nicht gesagt war, aber womit er vollkommen recht hatte.
Er postulierte, dass Glück nicht etwas ist, das einfach geschieht. Man kriegt es nicht geschenkt, und es währt nie lange. Aber man hat jederzeit die Möglichkeit, sich die Bedingungen zu schaffen, mit denen Flow eintreten kann.
Flow. Flow ist der Zustand des Aufgehobenseins. Der Zustand, in dem sich das Ich auflöst, weil es keinen Grund mehr für ihn gibt, da zu sein. Der Zustand, der dem Nirvana am nächsten kommt. Glück ist das einzige Motiv per se, könnte man sagen: alle Bedürfnisbefriedigungen, auch die von Dörner, streben Lust an. Und Lust ist Glück - und umgekehrt. Ich esse, weil es mich glücklich macht, ich liebe, weil es mich glücklich macht, ich möchte Geld haben, weil es mich glücklich macht. Oder weil ich in der Erwartung, dass es das tut, anstrebe, Geld zu haben. Inzwischen weißt man ja, dass Geld nur glücklich macht, wenn man es für andere ausgibt! Aber es geht oft nicht um die Bedürfnisse selber, sondern um den Mechanismus, der evolutionär geschaffen wurde, damit diese Bedürfnisse befriedigt werden. Lust, Glück.
Und für Csikszentmihalyi lässt sich das Glück eben in dem Flowzustand finden. Und der Flowzustand kann nur dann eintreten, wenn (empfundene) Fähigkeiten und Handlungsmöglichkeiten im Gleichgewicht sind. Wo ich also weder über- noch unterfordert bin und zudem häufigen Feedback über meine Fortschritte erziele.
Deswegen kann Nähen so Spaß machen. Ich nähe Sachen, die mir nicht zu schwer sind, die also meinen Fähigkeiten entsprechen, und ich sehe meine Fortschritte ständig!
Und wie ist es beim Computerspielen? Natürlich genau das gleiche!
Computerspiele sind vermutlich die beste Flowbeschaffungsmaßnahme!!
Ich kann die Schwierigkeit einstellen, so dass ich weder über- noch unterfordert bin. Meine Aufgaben sind klar, ich weiß genau was zu tun ist. Und ich weiß ständig, ob ich meinem Ziel näherkomme oder mich davon entferne.
Ein perfekter Kreis von Heckhausens Aktivierungszirkel (über den ich bei Gelegenheit auch noch ein oder zwei Wörtchen verlieren muss).
Das Problem entsteht dann, wenn z.B. Fähigkeiten falsch (zu hoch / zu niedrig) eingeschätzt werden, und häufige Misserfolge auftreten.
Weil dies im richtigen Leben wesentlich häufiger passiert als in der virtuellen Welt, verlieren viele Menschen irgendwann die Lust danach, im richtigen Leben Flow aufwändig aufzubauen, während es im Spiel so einfach zu haben ist.
Andererseits verschlechtern sich bestimmte Fähigkeiten beim Spielen (einfach deshalb, weil sie nicht mehr trainiert werden im RL), so dass das Flowen im RL immer schwieriger wird. Da ist er, der Abhängigkeitsteufelskreis...
Danach wäre es doch so einfach, im richtigen Leben dafür zu Sorgen, dass Fähigkeiten und Möglichkeiten im Gleichgewicht sind! Fähigkeiten realistisch einschätzen, dort drosseln, wo die Schwierigkeit nicht hoch genug ist, Möglichkeiten dort drosseln, wo die Fähigkeiten nicht ausreichen. Dazu noch eine Prise Freiheit, und fertig ist das Glücksgefühl...