Tja, entgegen meiner Erwartung entwickelt sich das Kapitel über die Wirkungen von Bildschirmspielen doch zur ziemlichen Herausforderung. Allein über Aggression habe ich über 50 Seite Material.
Bis dahin, noch kein Problem. Das Problem ist, dass das Material - gerade die wissenschaftlichen Erkenntnisse - extrem widersprüchlich sind. Meine Interviewpartner sind sich im Gegensatz dazu ziemlich einige.
Jürgen Fritz stellt 4 Richtungen der Ergebnisse was die Gewaltforschung angeht:
* Stimulationstheorie: die Aggressionsbereitschaft wird durch das Bildschirmspielen gefördert, z.B. weil eine Identifikation mit dem (äußerst aggressiven) Held des Spiels stattfindet;
* Inhibitionstheorie: Gewaltdarstellung in Bildschirmspielen erzeugen Angst und hemmen die Bereitschaft zur eigenen Gewaltausübung;
* Habitualisierungstheorie: Gewaltszenen wirken abstumpfend, es findet eine Gewöhnung des Individuums an Gewalt statt, die die eigene Aggressionsbereitschaft auch erhöhen kann;
* Katharsistheorie: Beobachtung aggressiver Handlung bzw. das Nachspielen von Aggressionen baut Spannung ab und mindert die Aggressivität.
Bis dahin ist ja alles gut. Mein Problem ist folgendes: die Wissenschaft scheint nur die Stimulations- und Habitualisierungstheorie zu kennen oder zu beweisen. Meine Interviewpartner dagegen berichten fast ausschließlich über Katharsis, also Entspannung und Aggressionsabbau durch das Spielen, im geringeren Maß auch Inhibitionserscheinungen. Doch das ist ein so heißes Thema, dass ich eigentlich keine Lust darauf habe, mich hier mit der "etablierten" Meinung zu schlägern. Doch genau daran wird kein Weg vorbei führen.
Das bedeutet, dass meine Argumentation extrem schlüssig sein muss, damit ich mich nicht angreifbar mache. *seufz*
Ein Teil dieses Kapitels was mir besonders gut gefällt ist das, in dem ich die Theorie von Doris Bischof-Köhler aufgreife, mit den unterschiedlichen Aggressionstypen bei Männer (bzw. Männchen) und Frauen (Weibchen, da sie nicht ausscheließlich in der menschlichen Spezies vorkommen). Die Frau taugt echt was, finde ich. Sie kann manche Dinge einfach nicht nur klar, sondern auch sehr differenziert und schlüssig darstellen.
Daher, die Buchempfehlung des Tages: Von Natur aus anders. Echt lesenswert. Sie ist Entwicklungspsychologin, ihr Mann (Norbert Bischof) ist Physiker / Philosophe / Biologe (ich blick da nicht genau durch), und die schreiben eben aufeinander aufbauend. Super spannend.
Bei Gelegenheit schmeiß ich wieder ein Paar Leseproben der Diss rein.
LG
moni