Freitag, 18. Januar 2008

Die fabelhaften Launen des LaTeX

Zuallererst muss ich mich bei all denen entschuldigen, denen ich im letzten Post einen Schrecken eingejagt habe. Aber die Vorlage war zu gut - und außerdem habe ich das genauso bekommen. Was man doch alles bereit ist zu glauben, nicht? :)

Tja, in den letzten Tagen hatte ich - Dank meiner Stirn- und Nasennebenhöhlenentzündung - die Möglichkeit, ein bisschen was an der Diss zu machen. Allen ernstes, ich könnte mich daran gewöhnen, mit dem Laptop im Bett zu arbeiten! :)
Ne, im Ernst: außer den Schmerzen - die in der Wärme auch besser werden - gehts mir ganz gut. Gelegentlich schlafe ich einfach ein. Manchmal bin ich stundenlang unbrauchbar. Aber dann habe ich helle Momente, die doch ganz brauchbar sind.
So heute, wo ich mich endlich an die Typen dran gemacht habe.
Stimmt so natürlich auch nicht: ich hatte schon einiges gemacht. Hat mich sehr gefreut zu sehen, dass der Explorer schon recht fortgeschritten war. Viele Zitate der Interviewpartner schon eingebaut, die Theorie war noch ziemlich schwach. Aber das habe ich heute immerhin fertiggestellt.
Ein ganz interessanter Aspekt war Weizenbaums Beschreibung des zwanghaften Programmierers. Seine Beschreibung ist zwar recht karikiert, aber der Inhalt deckt sich halt 1:1 mit den Kompetenzmechanismen, die ich dem Ganzen zugrundelege.

"Der Programmierer ist ... der Schöpfer von Universen, deren alleiniger Gesetzgeber er selbst ist. Das trifft natürlich für jeden Erfinder eines Spiels zu. ... Außerdem handeln die so formulierten und entwickelten Systeme ihren eigenen Programmen gemäß. Sie gehorchen bereitwillig ihren Gesetzen, und ihr folgsames Verhalten macht sich allenthalben bemerkbar. Kein Dramatiker, kein Regisseur und kein noch so mächtiger Herrscher haben jemals eine so absolute Macht ausgeübt, eine Bühne oder ein Schlachtfeld zu arrangieren und dann so unerschütterlich gehorsame Schauspieler beziehungsweise Truppen zu befehligen.
Es wäre erstaunlich, wenn Lord Actons Beobachtung, dass Macht korrumpiert, nicht für eine Umwelt gelten würde, in der Omnipotenz so leicht zu erringen ist. Sie gilt auch hier" (Weizenbaum, 1978, S. 160).
...
Hierbei geht es um Bestimmtheit. Der Programmierer befindet sich in einer durchaus bestimmten Welt. Er kennt sie genauestens – weil er sie erschaffen hat. Die Reichweite seines Schaffens erfüllt ihm mit Kompetenz – und Stolz auf die eigene Schaffung.

Umgekehrt besteht die Gefahr, dass sich eine solche Welt nicht so verhält, wie der Programmierer es erwarten würde. In diesem Moment steigt die Unbestimmtheit ins Unermessliche, was eine schlagartige Verringerung der Kompetenz mit sich bringt: "Tatsächlich erreicht die fieberhafte Erregung des zwanghaften Programmierers ihren Höhepunkt, wenn er einem äußerst widerspenstigen Fehler auf der Spur ist; wenn eigentlich alles funktionieren müsste, aber der Computer all seinen Bemühungen Hohn spricht und sich mysteriös, das heißt scheinbar unerklärlich verhält. Spätestens zu diesem Zeitpunkt zeigt sich, dass das vom Programmierer selbst geschaffene System nunmehr ein Eigenleben führt und ohne Frage seiner Kontrolle entglitten ist". Das Fehlverhalten des Programms kann aber nur eine Folge dessen sein, was der Programmierer getan hat. Die Kompetenz und das Selbstvertrauen sind also angeschlagen. Aber: "was er getan hat, kann er wahrscheinlich gedanklich nachvollziehen, auseinander nehmen und wieder zusammensetzen, damit es seinen Zwecken besser dient. Dementsprechend nähern sich seine Stimmung und Aktivität der Raserei, wenn er glaubt, kurz vor der Entdeckung des Fehlers zu stehen" Weizenbaum (1978, S. 165).

Seabrook (1997) berichtet, wie er selber in einer solchen Situation steckte: "Plötzlich fror mein Bildschirm ein. Was war passiert? Ich wusste, dass (was immer ich auch getan hatte) es sich nur um einen geringfügigen logischen Fehler handeln konnte, aber ich konnte ihn nicht ausmachen. Ein Gefühl von Hilflosigkeit und Frustration überkam mich, und so wie Salzwasser, das in ein Pantoffeltierchen eindringt, sprengte es meine Fähigkeit, logisch zu denken. Es gibt nichts in der Welt, was so viel Verachtung verdient wie eine Maschine, die zu dumm ist, um das zu tun, was sie eigentlich tun soll". Dies ist der entscheidende Zeitpunkt, in dem die Kompetenz unter die Alarmmarke sinkt, und die Handlungsfähigkeit erheblich schon deshalb beeinträchtigt, weil der Mensch die Fähigkeit verliert, an seinen eigenen Erfolg zu glauben. Und ohne Vertrauen in die Ergebnisse, lohnt sich das Versuchen schon oft nicht...

Wenn er den Fehler schließlich gegen Widerstand endlich finden und in seine Schranken weisen kann, steigt die Kompetenz, und ein Gefühl des Jubels und des Siegs macht sich breit. Aber "der stolz und die gehobene Stimmung des zwanghaften Programmierers sind nur von kurzer Dauer. Sein Erfolg besteht darin, dass er dem Computer gezeigt hat, wer der Herr ist. Und nachdem er bewiesen hat, dass er den Computer zu solchen Leistungen trimmen kann, fängt er unverzüglich an, noch mehr aus ihm herauszuholen. So beginnt der ganze Kreislauf wieder von vorn" Weizenbaum (1978, S. 166). So ist jeder Machtbeweis gleichzeitig eine Herausforderung, sich selbst zu übertreffen. Jedes Auffüllen des Kompetenztanks ist gleichzeitig das Zeichen dafür, dass aus diesem Vorgang keine weitere Lust zu holen ist. Die Unbestimmtheit ist reduziert, die Unsicherheit assimiliert. Deswegen braucht er die nächste Herausforderung, die nächste Unbestimmtheit, die es zu reduzieren gilt, um seinen rapide absinkenden Kompetenzlevel zu halten.

So, schlüssig, nicht wahr? Ja. Nur irgendwas davon gefiel meinem LaTeX nicht. Ich kann nicht mehr "PDFen". Ich kann kompilieren, aber keine Datei daraus erstellen. Nice.
Als ich Whiskas um Hilfe bat, kriegte ich Antworten wie:

Ricardo: other than that.. I dunno
latex is a bit of magic
you have to do the offerings and sacrifices and rites in a certain order
or the gods won't be pleased and it won't work

Monica: you know whats really bad about it??
i just wrote about programming

Ricardo: oh, than it's quite clear THAT is the reason
you disrupted the flow of energy from the other chapters!
:P


Noch nicer. Naja, jetzt läuft die Fehlersuche auf volle Touren. Am Titel liegts nicht, an der Dateistruktur liegts nicht. Im Grunde genommen kann es wirlich nur daran liegen, dass LaTeX irgendwas, was ich geschrieben habe, nicht passt. Oder noch viel schlimmer: es versteht den Text, versteht seine Konsequenzen und wendet es eben deswegen gegen mich an...
Sein Ziel kann es nur sein, meine Kompetenz unter die Alarmgrenze zu bekommen, um mich so zum Aufgeben zu zwingen.
(Ok, ich glaube, mein heller Augenblick ist beendet! ;) )
Aber wenn Dylan Avery (sehr empfehlenswerter Film!) Verschörungstheorien entwickeln kann, kann ich das wohl auch! ;)

Dienstag, 15. Januar 2008

Nicht fertig und der Bär...

Kennt Ihr das furchtbare Gefühl, wenn man dachte, man ist ja schon fast fertig, und die Woche Urlaub reicht, um in der Erstversion fertig zu werden? Nein, das ist noch nicht schrecklich. Grausam ist es, herauszufinden, dass man sich getäuscht hat, dass man da noch eine Baustelle aufmachen muss, die einen wieder Wochen zurückwirft. Gefühlt, zumindest ;).
Wahrscheinlich ist alles nicht so schlimm, aber heute kommt es mir furchtbar vor.
Naja, bei weitem nicht so furchtbar, wie die Meldung, die mich abends erreichte: ein Bär brach in einer LAN ein und tötete mindestens 20 Menschen. Schon hart, was es alles so gibt.

Naja, nachdem ich heute den ganzen Tag krank im Bett gelegen habe und von dort aus das Dis(s)aster überblickt habe, hoffe ich, dass ich morgen wieder gesund bin und arbeiten gehen kann. Ja, ich bin sehr optimistisch! :) Vllt. schaffe ich die Diss doch noch nächste Woche fertig! (Was war nochmal der Unterschied zwischen Optimismus und Realitätsverlust?!)

Montag, 7. Januar 2008

Aggressivität und das Lernen - das Finale

Tja, manchmal sind einfache Dinge so einfach, nicht wahr? ^^
Kaum fragt man seine Spieltheorie-Liste... Schon bekommt man viele viele Antwortsansätze.
Seit Wochen und Monaten zerbrach ich mir den Kopf darüber, wie ich gegen die von Manfred Spitzer aufgestellte richtig anmutende Theorie der Gewaltaneignung durch digitale Spiele entgegenwirken könnte.
Dass die Lerntheorie richtig ist, davon muss ich ausgehen. Es spricht zu viel dafür, die Theorie ist schon seit mehreren Jahrzehnten (ja, die Psychologie ist halt net so alt! :P) etabliert, es gibt hundertfache Belege dafür.
Im Kern sagt sie aus, dass etwas, was verstärkt wird (intrinsisch oder extrinsisch, also intern oder extern belohnt), bevorzugt erneut verwendet wird.
Das beobachten wir tagtäglich, selbst wenn man keinen Hund oder kleines Kind in der näheren Umgebung hat: wenn man das Jackett der Kollegin lobt, zieht sie es plötzlich häufiger an, usw. usf.
Also die Lerntheorie stimmt.
Aber es stimmt nicht, dass man durch digitale Spiele aggressiver wird - wo also liegt der Fehler???
Es war so einfach, eigentlich! Die ganze Zeit vor meiner Nase.
Mein Fehler war zu glauben, dass in den Spielen Aggression enthalten ist.
Ist sie aber nicht.
Kein Stück.
Die Handlungen, die im Spiel ausgeführt werden, beinhalten keinerlei Aggression.
So wie das Tippen gerade ebenfalls keine Aggression beinhaltet.
Selbst wenn die Buchstaben, die ich tippe, also die digitale Darstellung meiner nicht aggressionshaltigen Handlung, vor Blut triefen würden, und ich mit jedem Buchstaben einen Schuss abgeben würde, so wäre die Handlung dennoch aggressionsfrei.
Deswegen: Lerntheorie stimmt, Aggressivität wird dennoch nicht über digitale Spiele gelernt, weil die Handlung, die gelernt wird, prinzipiell aggressionsfrei ist. Und die Darstellung ist m.E. nicht der Inhalt der Verstärkung durch die Lerntheorie (sonst müsste ich so Karten auch immer besser malen können ;) ).
Zumindest für das erste bin ich nun zufrieden! :)

Samstag, 5. Januar 2008

Aggressivität und das Lernen - Teil II

Ich war so frei, der Diskussionsliste Spielkultur die gleiche Frage zu stellen.
Ich denke, die Ansätze gehen in einigen verschiedenen Richtungen, die ich morgen mal in aller Ruhe überdenken muss:
1. zu große Unterschiede zwischen RL und VW;
2. unterschiedliche emotionale Tönung;
3. Handlungseinheiten zu groß für Automatismen.

Aber: Interferenzen zwischen Spielwelt und RL scheint es zu geben. Nur können diese nur so lange vorhanden sein, wie keine kognitive Prüfung vorhanden ist. Sobald Reflexion ein Automatismus, was da nicht hingehört, erleuchtet, zerfällt es. Und Gewalt ist definitiv "zu groß", um als Handlungsstrang komplett automatisiert zu werden.
Ja, ich denke, in die Richtung geht es, bin aber noch auf weitere Antworten und Ansätze gespannt! :)

Aggressivität und das Lernen

In den letzten Tagen arbeitete ich wieder mit Hochdruck an der Diss. Nach einigen Tagen erholsamen Urlaubs in Wolfhagen und Schweiz bin ich wieder komplett aufgefüllt. So habe ich es endlich geschafft, das Kapitel Motivation fertig zu stellen, und darüber hinaus bin ich mit Korrektur auf S. 122. Ich bin guter Dinge, dass ich heute noch fertig werden.
Allerdings habe ich ein Problem, und zwar was die )!(§&§%$§( Aggressivität angeht.
Ich versuche es, mal das Problem darzustellen, und schauen, ob mir jemand helfen kann:

Die gesamte Diskussion nach der Aggression stellt uns aber gewissermaßen vor einer Sackgasse, gerade in Bezug auf die Lerntheorien. Es ist unumstritten, dass das, was oft gemacht wird, geübt wird, sich besser einprägt – besonders dann, wenn es emotional getönt ist. Ebenso ist klar, dass geübte neuronale "Wege" – allein schon der stärkeren Mielynschicht wegen – schneller eingeschlagen werden. Sonst wäre eine Automatisierung bspw. des Autofahrens gar nicht möglich.

Anhand dieser Argumente kommt man nicht umhin, Spitzer (2005) recht zu geben: Gewalt in Spielen fördert die Gewalt in der wirklichen Welt.

Andererseits widerspricht es jeglicher Vernunft: nur sehr wenige Egoshooter-Spieler sind gewalttätig, die meisten sind dem entgegengesetzt sehr gesellige, freundliche Menschen.

Zur Erklärung könnte die Überlegung von Ladas (2002) dienen, dass eine solch starke Rahmung gegenüber der Realität stattfindet, dass ein Übertrag der virtuellen in die reale Welt gar nicht möglich ist. Dagegen wiederum sprechen zahlreiche Berichte der Interviewpartner dieser Untersuchung, die davon zeugten, dass eine Vermischung von Spiel in Wirklichkeit in bestimmten Fällen – gerade in unbedachten Momenten, automatisierten Handlungen – stattfindet. Zum Beispiel wenn jemand mit dem Mauszeiger eine auf dem Bildschirm gelandete Fliege zu töten versucht. Oder wenn jemand versucht, das Licht mit dem Mauszeiger anzuklicken (da es neben dem Bildschirm steht).

Wie kann man es sich also erklären, dass in Bezug auf die Gewalt etwas nicht auftritt – die Übertragung – die in anderen Bereichen gang und gäbe ist?

Ich bin Euch für jeden Hinweis sehr dankbar!