Sonntag, 17. Februar 2008

Transfer oder kein Transfer...

... das ist hier die Frage.
Vor kurzem erst kämpfte ich mit der Frage, ob Aggressivität von digitalen Spielen in das wirkliche Leben übernommen wird oder nicht.
Die gleiche Diskussion initierte ich (ich weiß nicht zum wievielten Mal) in der Spielkultur-Liste (eine Liste die ich jedem, der sich für digitale Spiele interessiert, nur empfehlen kann!).
Unter anderen antwortete Jürgen Fritz, jemand der gerade den Anfang meiner Forschung sehr beeinflusste. Er ezählte eben, dass seine Doktorandin, Tanja Witting, ihre Dissertation mit Titel "Wie Computerspiele uns beeinflussen - Transferprozesse beim Bildschirmspiel im Erleben der User" eben veröffentlicht hätte. Meine superschnelle Unibibliothek besaß das wenige Wochen alte Buch bereits, und so konnte ich es mir in den letzten Tagen durchlesen.
Es ist ein bisschen zu lang, um es hier insgesamt zusammen zu fassen, deswegen nur einige wenige Begriffe:
Intermondialer Transfer (in Abgrenzung zum intramondialen Transfer): intermondial bedeutet zwischen Welten (Fritz führt ja eine Differenzierung der unterschiedlichen Welten, reale Welt, Traumwelt, mentale Welt, Spielwelt, mediale Welt und virtuelle Welt durch), also ein Transfer bspw. von der virtuellen in die reale Welt oder umgekehrt.
Intramondial dagegen bezeichnet innerhalb einer Welt, also eine Bedeutungsübertragung innerhalb der virtuellen Welt, wenn bspw. Handlungsweisen von einem in das andere digitale Spiel übernommen werden.

So berichtet Tanja eben von den unterschiedlichen Transfermodalitäten (inter- oder intramondial) auf den verschiedenen Ebenen (instrumentell-handlungsorientiert, wahrnehmungsorientiert, auf das Verbalverhalten bezogen oder ethisch-moralisch).
Was ich bei ihr sehr schön finde ist, dass sie dem Thema nahe ist. Sie spielt sicherlich selber, und hat damit eine ganz andere Heran- oder Zugangsweise wie andere sehr bekannte Autoren.
Das andere was sie mir sehr sympathisch macht ist ihre Forschungsmethode: Qualitativ. Sie analysiert keine 2245 Personen, sondern 80. Und macht das mit einer Tiefe, die ihre Ergebnisse wirklich glaubwürdig, strukturiert und schlüssig erscheinen lassen.
Und last but not least: sie ist eine Frau, die über digitale Spiele promoviert! :)

Wenn ich das Buch im Laufe der Woche fertig zusammengefasst habe, kann ich hier gerne noch einige Auszüge anbringen.
Vielleicht noch ein wichtiger Punkt zum Schluss: Transfers finden wohl bei Autorennsimulationen (gerade solche, die mit Lenkrad und Pedalen gespielt werden) erheblich häufiger statt als bei Ego-Shootern - vermutlich schon deshalb, weil die meisten erwachsenen Menschen Autofahren - aber die Wenigsten eine Waffe mit sich tragen, die den Automatismus des Schießens ermöglichen könnte.
Ich komme aber nochmal drauf zurück...
Eine Sache muss ich jedoch anmerken, mit einem Stich von Neid: ich bewundere Leute, die wirklich als Wissenschaftler arbeiten, und ihre interessanteste Forschung nicht nur zwischen Freitag abend und Sonntag Nacht durchführen können. Wenn ich groß bin, möchte ich auch Vollzeit- und -blutwissenschaftlerin sein! :)