Sonntag, 2. September 2007

"Das leise Heulen der untoten Avatare"

Woran merkt man, dass man eindeutig in der Zukunft angelangt ist?
Daran, dass der Sonntagsblitz, eine klassische kostenlose Sonntagszeitung im Nürnberger Raum eine Reportage über Second Life bringt. Erstaunlicherweise ist es mal nicht eine Berichterstattung a la "mit 9 Mio Usern das erfolgreichste jemals dagewesene virtuelle Dasein", wie sie in vielen Medien zu lesen war, sondern recht realistisch. Von den 9,1 Mio User seien über 84% in den letzten 2 Monaten überhaupt nicht online gewesen (ach, wirklich! :) Die meisten, die jemals da drin waren wissen warum ;) ). "Viele Spieler haben kurz hineingechnuppert in die virtuelle Welt, sind dann aber nicht wiedergekommen", berichtet Peter Zschunke.
Anlass zu dem Bericht war die "Accountleichenbewegung" von der Berliner Internetkünstlerin Susanne Berkenheger, die fordert, "dass Linden Lab die Würde aller Avatare respektiert. Dazu gehört unserer Ansicht nach, dass Linden Lab keine einmal von liebender Hand erstellten Avatare in der Datenbank vergammeln lässt, wo sie sehr leicht zu sogenannten Accountleichen vermodern, welche nur noch zu Werbezwecken künstlich am Leben gehalten werden."
Ich meine, natürlich hat die Frau recht, das soll ihr keiner absprechen. Aber von da sich gleich zu der "Generalvertretung für die Accountleichen sämtlicher metaversen und Communities im Netz" (Youtube, Flickr, ...) mit eigenem Onlineshop für Unterstützungsartikel (wie T-Shirts mit Accountleichen) ausrufen zu lassen finde ich fast etwas dreist.
Eins sollte aber m.E. dennoch aufgefasst werden: Überall die Möglichkeit einbauen lassen, Accounts zu löschen und das Bewusstsein schaffen, dass ein jeder einzelner Teil eines "Erfolgs" ist und sich nicht dazu missbrauchen lassen soll, wenn das Interesse am Produkt verloren ist.
Oder aber - und das gilt für sämtliche Auftritte im Internet - Inhalte verfallen lassen, wenn diese nicht genutzt werden. Wenn eine Seite 2002 ins Netz ging, und seitdem nicht mehr aufgerufen wurde, weg damit! Braucht kein Mensch. Sonst droht uns irgendwann noch der Erstickungstod im Blabla von 1,2 Mrd. Internetuser.
Unser Gehirn macht das schließlich auch - stellt Euch mal vor, wie es darin aussehen würden, wenn wir uns an alles, was wir jemals gesehen, gehört, gerochen oder angefasst haben erinnern würden! Da würde noch nicht mals Googlegehirn (a la Google Desktop) helfen können! :)