Noch benebelt von den Glückshormonen, die Sport immer sehr wirkungsvoll produziert, habe ich weiter über das Flow nachgedacht.
Csikszentmihalyi hat ja postuliert, dass Flow ein Gleichgewichtszustand ist zwischen (empfundenen) Fähigkeiten und (empfundenen) Handlungsmöglichkeiten. Die Anzahl der Handlungsmöglichkeiten kann auch als Herausforderung verstanden werden.
Sind die Fähigkeiten größer als die Möglichkeiten, sie zu gebrauchen, wird einem langweilig. Wenn die Fähigkeiten zu gering für die Herausforderungen sind, ergibt sich Besorgnis oder gar Angst.
Ich interpretiere die Zustände links folgendermaßen: Überforderung ist eine hohe Unbestimmtheit bei geringer Kompetenz; Unterforderung ist ein Absacken der Kompetenz durch zu hohe Bestimmtheit (der Mechanismus im Detail: der Mensch bezieht Kompetenz aus dem Vorgang der Unbestimmtheitsreduzierung. Ist keine Unbestimmtheit da, verbraucht sich die Kompetenz nach und nach und kann nicht wieder aufgefüllt werden).
Im Flow ist die Unbestimmtheit ausreichend, als dass aus dem Vorgang ihrer Reduzierung Kompetenz geschöpft werden kann, aber nicht so groß, dass die Kompetenz dadurch absacken könnte.
Dynamik ist dabei teil des Prozesses. Es kann niemals ruhen, sondern bewegt sich ständig.
Menschen im besorgten Zustand Ayx können zum Flow zurückkommen durch eine fast unendliche Kombination von zwei grundlegenden Prozessen: Herausforderung verringern (Axx) oder eigene Fähigkeit erhöhen (z.B. durch Training) (Ayy). Wer Ayy wählt, erreicht einen komplexeren Flowzustand, da es mehr Möglichkeiten und ein höheres Level von Fähigkeiten beinhaltet. Umgekehrt, wenn jemand gelangweilt ist kann er zum Flowzustand zurückkommen entweder indem er die Herausforderungen der Umwelt erhöht oder aber indem er sich selber handicappt und sein eigenes Fähigkeitenlevel verringert. Die zweite Wahl ist weniger komplex als die erste.
Worauf will ich hinaus?
Naja, wenn so viele Menschen beim Computerspielen - und wie es bei der Abhängigkeit vermutlich der Fall ist nur beim Computerspielen - Flow erleben, dann lässt uns dies auf 2 Alternativen schließen:
a) die Menschen sind in der wirklichen Welt unterfordert oder
b) sie sind überfordert.
Ich glaube, gewissermaßen sind beide Möglichkeiten gleichzeitig vorhanden.
Einerseits werden Jugendliche in unserer Gesellschaft sehr lange kindlich gehalten. Ich meine, vor wenigen hundert Jahren haben 18-jährige ganz selbstverständlich eine Familie gehabt. Sie haben Kriege geführt und Länder regiert. Heutzutage betrachten wir 18-jährige als Kinder, die kaum in der Lage sind, allein zu wohnen und sich selbst zu versorgen. Was aber nicht stimmt: von ihren körperlichen Fähigkeiten her sind sie "Erwachsenen" ebenbürtig. Nur sie dürfen nichts. Insofern glaube ich schon, dass gerade Jugendliche häufig unterfordert sind.
Auf der anderen Seite stelle ich fest, dass Jugendliche so klein gehalten werden, dass sie gar keine Kompetenz entwickeln. Sie werden verhätschelt und beschützt, und um zu verhindern, dass sie sich weh tun, werden sie keinen Misserfolgen ausgesetzt. Aber die Kompetenz kann nur dadurch wachsen, dass sie eben erfahren wird. Und ich erfahre Kompetenz dann, wenn etwas schief geht - und ich es überlebe. Oder wenn etwas schief gehen könnte, es aber nicht tut!! Weil ich es eben geschafft habe. Die Möglichkeit des Misserfolgs muss vorhanden sein, und dann kann ich auch Kompetenz tanken.
Insofern sind vllt. ihre empfundenen Fähigkeiten sehr gering - was zu einer Überforderung führen kann.
Was ist die Antwort?
Die gleiche wie bisher: Fähigkeiten steigern oder Schwierigkeitsgrad senken bei Überforderung, Fähigkeiten drosseln oder Schwierigkeit erhöhen bei Unterforderung.
Im Detail hecke ich dafür gerade einen Plan aus! :)